Blumengart 1943

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15 [1] Johann Redekop u Anganetha geb Janzen

Dies Grundstück gehörte zu Johann Redekop. Er schreibt: Ich, Johann Redekop bin geboren den 17. Apr 1911 in Blumengart im Kreis Saporoschje, UA.

Meine Eltern waren Isaak Redekop und Sara Dyck. Mein Vater war in Blumengart geboren und meine Mutter in Rohrbach, Ukraine. Mein Vater hatte eine Dampfmühle und einen kleinen Viehstahl neben der Mühle. Die Dampfmühle stand in einem russischen Dorf Tarasowka, die er dort gekauft hatte, bevor er geheiratet hat. Kornelius, mein Bruder der am 20. Mai 1913 geboren ist, wird seit 1932 im Ural vermisst. Isaak ist nach meiner Kenntnis 1916 gestorben. Danach wurde ein weiterer Sohn 1916 geboren und wurde infolgedessen Isaak genannt, jedoch starb er 1920 an Typhus. Meine Schwester Sara, die um 1918 geboren ist, starb 1920 auch an Typhus.

Vom siebten Lebensjahr 1918, fing meine Schulzeit an, bis 1924. Nach der Schulzeit musste ich zu Hause in der Landwirtschaft helfen, da mein Vater bereits 1920 an Typhus gestorben war. Meine Mutter heiratete im Jun 1922 einen Witwer Heinrich Pankratz aus Kronsfeld, der aus seiner ersten Ehe sechs Kinder mitbrachte: Lena, Maria, Heinrich, Abram, Liese und Tina. Heinrich Pankratz siedelte nach Blumengart mit seinen Kindern. Gemeinsam hatten sie eine weitere Tochter Gertrud. Ihnen wurde aber schon bald die Wirtschaft, der Hof und alles genommen so wurden sie als Ehepaar und der Sohn Kornelius aus Mutters erster Ehe, in den Ural im Wald als Kulaken verbannt. Mutter ist da verhungert, der Bruder Kornelius wird vermisst und es gibt bis heute keine Spur von ihm. Ich sollte auch verbannt werden, aber durch den Einsatz einer Kontrollkommission und da, ich den Namen Redekop hatte, konnte ich bleiben. Dies war 1929. Alles Land und die Wirtschaft wurden in eine Kolchose umgewandelt. Ab 1929 musste ich dann in der Kolchose arbeiten bis zum 10. Nov 1933. Von 1933 wurde ich einberufen in die Armee im Arbeitsdienst bis zum 10. Nov 1936. Da musste ich mit andere zusammen drei Jahre an der Eisenbahn Bauarbeiten verrichten.

Nach dem Armeearbeitsdienst arbeitete ich wieder in derselben Kolchose, von wo ich einberufen wurde als Arbeiter. Am 1. Okt 1937 heiratete ich Neta Janzen. Uns wurden zwei Kinder geschenkt: Johann und Hedwig. Im Okt 1943 beim Rückzug der deutschen Wehrmacht wurden wir, meine Frau und ich, zusammen mit unseren beiden Kindern nach Deutschland gebracht. Wir mussten Haus und Hof stehen lassen. Weil es Kriegszeit war, wurden wir, wie auch alle andere aus dem Dorf Blumengart auf LKW’s der Deutschen Wehrmacht geladen und zur Bahnstation gebracht. Auf dem Bahnhof Kanzerowka (Chortitza) ca 13km von unserer Ortschaft entfernt, kamen wir in Güterwagen. Von da sind wir bis Kriwojrog (auf dem Weg nach Deutschland aber noch in Russland) gefahren, wo uns der Russe einkesselte. Wir wurden auf eine Zweiglinie nach Nikolajewsk im freien Feld gestellt, da mussten wir wie viele andere dann so 10 Tage bleiben, bis die deutsche Wehrmacht sich durchgeschlagen hatte. Dann wurden wir mit Fahrzeugen der deutschen Wehrmacht zur Haupteisenbahnstation gebracht. Hier wurden wir in offene Güterwagen verladen und bis Leipzig gebracht. Die Reise dauerte noch ca zwei Wochen bei Regen und Kälte. Es war bereits Ende Nov, als wir in Leipzig ankamen. Hier waren wir als Familie im Lager Felsenkeller und kamen zwei Wochen in Quarantäne. Ich wurde zum Arbeiten als Kraftfahrer zu einem Kaufmann Otto Zeising geschickt. Dort arbeitete ich aber einige Monate lang in seine Butterei. Dann wurde ich zum Erlaflugwerk, eine Zweigstelle von Leipzig in Plauen geschickt. Hier arbeitete ich bis Jul 1944. Den 01.02.1944 wurden wir in Leipzig im Lager eingebürgert. Im Jul 1944 wurde ich, meine Frau und Kinder zum Marschland Kreis Welun ins Warthegau gebracht, wo drei bis vier Familien in einem Haus Unterkunft bekamen. Von da musste ich nach Krakau um Schützengräben zu machen von Jul bis Aug 1944. Dann kam der Befehl, um zurückzugehen zum Warthegau um beschädigte Häuser zu reparieren. Den 11. Jan 1945 hat man mich einberufen in die deutsche Wehrmacht. Zuerst war ich auf eine Ausbildung bei Rossiz (in der Nähe von Prag) Tschechoslowakei, vom halben Apr kam ich an die Ostfront nach Polen Schönbrunn an der Oder und am 30. Apr 1945 kam ich in die russische Gefangenschaft, von da aus wurde ich mit vielen anderen Gefangene bis Ausschwitz in ein Lager getrieben. Nach einer Zeit wurde ich mit vielen anderen Gefangenen zur Bahn gebracht, in Güterwagen verladen und nach Karaganda, Kasachstan gebracht in ein Gefangenenlager. Da musste ich auf dem Bau arbeiten, dabei hatte ich mir den Bruch angerissen und an der linken Hand auf der Kreissäge durchgesägt, so dass drei Finger beschädigt sind. Hier im Lager hatten wir die Möglichkeit kurze Briefe über das Rote Kreuz zu unserer Familie zu schreiben. So hatte ich zwei Mal geschrieben und bekam keine Antwort. Als ich das dritte Mal nach Plotau schrieb, und die Antwort zurückkam, kam ein Vorgesetzter und sie hatten den Brief von meiner Frau gelesen und festgestellt, dass sie in der Heimat nach UdSSR gezogen waren.

Bis zu diesem Zeitpunkt dachten sie ich wäre ein deutscher Gefangener jetzt aber wussten sie ich sei aus der Sowjetunion und hielten mich für einen Spion dadurch kam ich im Nov 1947 in dem hohen Norden bei Jakutsk, nach Brindakit in ein anderes Gefangenenlager. Es war noch eine lange Strecke östlich nach Brindakit, ich wurde von Gefängnis zu Gefängnis bis da gebracht unter Aufsicht. Hier musste ich unter Aufsicht der Kommandantur arbeiten. Ich kam da zunächst im Schacht, wo Gold ausgegraben wurde. Da war ich zwei Tage, da ich invalide war durch meine Hand, kam ich von Feb 1948 bis Herbst auf den Pferdehof wo ich die Pferde besorgen. Später wurde ich Aufseher für den ganzen Pferdehof und hatte da etwa 50 Helfer, unter ihnen waren Holzarbeiter, Pferdepfleger, Handlanger, Heuarbeiter und Schmiede. Auch von hier habe ich mehrmals nach Moskau geschrieben, um nach meiner Frau und Kinder zu suchen, aber nie eine Antwort erhalten. 1952 erhielt ich von meiner Frau Nachricht, dass sie in Omsk sei. Ich wollte zu meiner Familie, was mir aber kurz entsagt wurde. Wir durften nur zusammenkommen, wenn meine Frau und die Kinder eingewilligt waren, zu mir zu kommen.

Wenn es auch für eine Familie schon dort in Sibirien ein schweres Schicksal war, in der Kälte, so entschlossen sie sich, doch zu mir in den hohen Norden zu kommen, um mit mir ein leichteres Weiterkommen zu haben. Im Jun 1953 durften meine Frau und Kinder zu mir kommen. Da die Kinder so viel Hunger und Frost durchgemacht hatten wurden sie im Norden krank und konnten das Klima dort auch nicht ertragen. Da im Sep 1955 der Bundeskanzler Adenauer Verhandlungen mit den Regierenden der UdSSR hatte, wurde uns, mir und meiner Familie erlaubt, aus dem hohen Norden nach Omsk zu fahren, es war im Dez 1955. Im Jan 1956 als wir in Omsk ankamen, gingen wir zum Kommandanten, um uns anzumelden, dass wir schon aus dem hohen Norden da waren. Er lass uns von einem großen Papier vor, dass wir von der Kommandantur frei wären, brauchten uns nicht mehr abmelden kommen.

Wir durften aber nicht in unsere Heimat zurückfahren, daraufhin mussten wir uns unterschreiben. So habe ich mit meiner Familie von Jan 1956 bis 1962 in Omsk gewohnt. Dort arbeitete ich in der Reparaturgruppe als Tischler. Im Feb 1962 bin ich mit meiner Frau und Kinder nach Duschanbe, Tadschikistan gefahren. Hier habe ich als Tischler in einer Möbelfabrik gearbeitet bis zum 1. Jan 1972, ab dem 1. Jan war ich dann Rentner und bekam dann Altersrente. In Duschanbe hatten wir mehr Freiheiten, um uns frei zu versammeln, in den Häusern als Gemeinde. Ich diente von 1967 hier als Prediger zusammen mit Peter Peters und Abram Dyck. Den 4. Dez 1973 erhielten ich und meine Frau die Reisepässe, um in die Bundesrepublik auszureisen. Den 16. Dez 1973 flogen wir von der Stadt Duschanbe ab und den 18. Dez 1973 sind wir als Ehepaar in Friedland angekommen. Den 21. Dez 1973 wurden wir nach Massen, dem Durchgangslager, gebracht, von da sind wir den 29. Jan 1974 nach Bielefeld gekommen. Am 30 Jun 1977 zogen wir nach Asemissen, Leopoldshöhe. Dort wohnen wir gemeinsam mit unserm Sohn und seiner Frau in einem Haus. Auch unsere Groß und Urgroßkinder wohnen seit 1997 im selben Haus. Johann Redekop Feb 1998

[1] Bezeichnung weist mit der Numer auf den Hof auf der Karte. Diese Beschreibung gilt für beide Karten von 1917 und 1943. Buchstaben für 1917 und Zahlen für 1943
Quellen:
Auszug aus unveröffentlichtes Buch "Blumengart" von Hermann Schirmacher
GMOL Nummer #XXXXX von https://www.grandmaonline.org
Hinweis: Die Beschreibungen sind Erinnerungen aus der Vergangenheit von Personen, die in Blumengart gelebt haben. Viele Personen sind bereits verstorben, auch wenn im Text in der Gegenwart gesprochen wird. Die Informationen mögen nicht immer korrekt sein.  Sie werden hier für geschichtliche sowie wissenschaftliche Zwecke zur Verfügung gestellt. Wenn Sie auf der Website Material oder Informationen finden, die hier nicht sein sollten, erweitert oder korrigiert werden, wenden Sie sich bitte an: willisfreunde@gmail.com