Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung

 

Buch: Mennonitisches Jahrbuch 1906. H. Dirks. 1907. Halbstadt
Artikel: Aus den Aufzeichnungen eines Alten. (von Aeltesten H. Dirks )
 
   
 
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men bei Altenau, wanderte auch die grosse und reich Familie Antalin aus und zog in die Tuerkei. Antalin hatte zwei Frauen, sein Bruder Mitalin hatte eine Frau und beide hatten Kindern. Antalin hatte den Chutor bei Altenau mit dem Lande dabei, das jetzt den Gebruedern Klaassen gehoert, in Pacht. Antalin verliess ungern seinen Sitz, kam von Bekannten in Altenau Abschied nehmen, wechselte sein Geld in Gold um und sagte; "Ich darf hier nicht bleiben, denn die Mulas sagen, es ist unsere Pflicht zu gehen." Mit fuenf neuen Kastenwagen, einige gedeckt, einem Phaiton, mit guten Pferden bespannt, versehen mit 80.000 Rubel, die er durch Verkauf seiner zahlreichen Schafe und hundert Pferden eingenommen, zog er dahin. In der Tuerkei sind die meisten Nogaier voellig arm geworden. Der Szadjetschin, der meinem Vater neun Jahre treu gedient hatte, wanderte auch aus in die Tuerkei, kam aber nach laengerer Zeit mit einem Kameraden zu Fuss zurueck, und hat uns die Armut und Not der Nogaier in der Tuerkei geschildert. Man gab ihm etwas Geld, er bekam von
den Deutschen Unterstuetzung; auch ich lieh ihm hundert Rubel, ebenfalls auch andere. Er reiste mit dem Gelde nach Rostow, Nachchitschiwan, brachte von dort 18 Stueck gekaufte Pferde und verdiente ein gutes Stueck Geld dabei. Als der treue Diener Szadjetschin in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts an einem Tage im April kam, neigte er sich an der Tuere und sagte: "Guten Tag, Wirt!" Ich: "Na komm naeher und setz' dich! Wie geht's?" Er: "Ich bin arm, habe mein Hemd unterwegs schon weggeworfen!" Ich- "Na, Mama, hol ihm eins von meinen!" Wir reichten uns gegenseitig die Hand, gruessend nach mohammedanischer Art. Er hat die Tuerkei nicht mehr gesehen; kaufte sich Wagen und Pferde und schumakte bzw. fuhr Weizen nach Berdjansk. Winter liess er sich auf den bekannten Chutors durchfuettern, arbeitete auch wohl etwas, reparierte Zaeume und Geschirre und verrichtete auch wohl andere Arbeiten.
Das Land der Nogaier wurde von aus der Tuerkei gekommenen Bulgaren besetzt; dieselben sind tuechtige Bauern, liegen mit Vorliebe dem Gemuesebau ob, versehen die Maerkte mit Kunst Kraut, Boklaschanen, grossen Zwiebeln usw., kaufen und zahlen gute Preise fuer deutsche Pferde und Wagen.
Die Widinschen weissroeckigen Bulgaren kamen aus der Tuerkei

         
 
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Zuletzt geaendert am 27 Mai 2008.