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Tiflis. Bei Tage sei eine grosse Hitze in den
kaukasischen Taelern bis zum Verschmachten beim Grasmaehen:
dagegen sei des Nachts der Wetzstein eingefroren. Spaeter
sind die Genannten nach Amerika ins Kanadische ausgewandert.
Diese Sekte hatte mit der orthodoxen Kirche ausser Sprache
nichts gemein. Sie hatten ihren eigen gewaehlten Oberen (Fuehrer),
benutzen das Gemeindehaus zur Andacht, beteten am Berge beim
Garten und der beruehmten Quelle in Terpinie; verliessen alles
und fuhren in langen Reihen russischer Wagen, mit guten Pferden
bespannt, nach dem Kaukasus. Ich war als Knabe noch Augenzeuge
ihres Abzuges. Dass es wahr sei, was von den Duchoborzen gesagt
wurde, dass sie alte und gebrechliche Personen umgebracht
haetten, ist doch wohl nicht anzunehmen, waren sie doch sonst
fleissige, nuechterne, auf ihre Art fromme Leute.
Was die oben erwaehnten Nogaier betrifft, so ist von Basel
aus frueher unter ihnen Mission getrieben worden. In Burkut
bei einem tuechtigem Nogaier, namens Ali, hatte sich ein Missionar,
ein Schweizer, Schlatter mit Namen, einquartiert; lernte die
nogaische Sprache und gab in derselben auch ein Buch heraus
mit dem nogaischen Alphabet und mehreren Uebersetzungen
von Abschnitten aus anderen Buechern und Beschreibungen der
Sitten und Gebraeuche der Nogaier mit Abbildungen von ihnen.
Habe Gelegenheit gehabt es im Vaterhause zu lesen; es gehoerte
der Lesebibliothek in Tiegenhagen an. Ein dickes Buch in nogaischer
Sprache und Schrift hat der Herausgeber dieses Jahrbuches
vor Jahren im Hause des verstorbenen Heinrich Reimer in Ohrloff
gesehen; er meint es war die Bibel, auch von Missionar Schlatter
uebersetzt. D. Wiens schreibt, dass Herr Schlatter in seines
Vaters Hause einmal zu Gast gewesen sei. Auch im Kaukasus
arbeiteten Baseler Missionare. Das Dorf Karas ist eine urspruengliche
Missionsstation.
Nach dem Krimkriege 1853-55 wurden unter den Mohammedanern
die Meckareisen haeufig; die Zurueckgekehrten verstanden ihrem
Volke die heilige Pflicht zu predigen und zu lehren, aus Russland
auszuwandern und in die Tuerkei, das Land ihrer Glaubensgenossen,
zu ziehen, Der ganze Nogaierstamm im Berdjansktischen Kreise
machte sich auf und zog in die europaeische Tuerkei; haben
es aber dort sehr bereut; denn bei ihren Bruedern, den Tuerken,
war Raub und Diebstahl zu Hause. Sie waren dort bald ganz
verarmt. Aus dem Dorfe Akker-
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