Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung

 

Buch: Mennonitisches Jahrbuch 1903. H. Dirks. 1904. Halbstadt
Artikel: Die Mennoniten in Russland. Von Aeltesten Heinrich Dirks.
 
   
 
Seite 15
 
         
 

15

auch hoehere Toechterschulen, an jedem Orte je eine. Die Gruendung zweier Asyle fuer alte Leute wird geplant. Auf die obrigkeitliche Erlaubnis eines Predigerseminars wird noch immer vergeblich gewartet. Die Summen zum Bau und zur Unterhaltung sind bereits von wohlhabenden Mennonitenbruedern garantiert. Alle diese Anstalten, welche teils schon in segenverbreitender Taetigkeit stehen, teils im Entstehen begriffen sind, beweisen augenscheinlich, dass der Herr dem Mennonitenvoelklein trotz der Neigung zur Zersplitterung bei vielen den Geist der Einigkeit erhalten hat, weshalb Ihm allein auch die Ehre fuer alles gebuehrt. - Predigern und auch andern sind die Bibelkurse und biblischen Besprechungen, welche bald hier, bald dort zur Vermehrung der Bibelkenntnis, Vertiefung der Erkenntnis und Staerkung des Glaubens in den Kirchen stattfinden, nur foerderlich. Auch in Hinsicht auf die Gemeinschaftspflege sind sie nuetzlich, und da auf ihnen Kirchliche und Separatisten Gemeinschaft mit einander haben, sind sie allianzfoerdernd, allerdings fuer zu vertrauensselige Glieder aus den kirchlichen Gemeinden auch nicht ungefaehrlich, insofern ihre Zugehoerigkeit zur Muttergemeinde dadurch gelockert werden kann, weil sie da ihre eigenen Aeltesten und Prediger mit solchen geistliche Gemeinschaft pflegen sehen, die sich separiert haben, und daraus leicht den Schluss ziehen koennten: Die Separation muss doch nicht so unrecht sein, da ja unsere eigenen Seelsorger mit Separatisten Gemeinschaft haben. Hier gilt das Wort des Apostels: "Pruefet alles, und das Gute behaltet!" (1. Thess. 5, 21).- Hinsichtlich der Schulen haben die Mennoniten in Russland nicht mehr das fruehere Selbstbestimmungsrecht. Ihre Lehranstalten (Dorf- lind Zentralschulen) sind laut kaiserlichem Ukas vom 28. April 1877 nicht mehr dem Ressort der Reichsdomaenen, sondern dem Ministerium der Volksaufklaerung unterstellt, und zwar sind sie mit ihren Grundkapitalien und allem Vermoegen unter die neue Administration gekommen. Jedoch hat der geistliche Stand das Recht behalten, die religioese Erziehung und Bildung der Jugend zu beaufsichtigen, d. h. darueber zu wachen, dass die Lernenden mennonitischevangelisch erzogen werden, und am Ende des Schuljahrs die Schulkinder zu pruefen, ob sie sich die Kenntnisse in Religion und deutscher Sprache laut Programmen angeeignet haben. Zwei Drittel der Unterrichtszeit wird auf die Erlernung der Landessprache und auf Arithmetik verwandt, ein Drittel (zehn Stunden woechentlich) bleibt fuer Religion und Deutsch. Ueberhaupt ist uns eine

 

         
 
Seite 15
 

 

 


Zuletzt geaendert am 25 Mai 2008.