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Aber es gibt auch Mennoniten, die in Russland
wohnen, jedoch nicht aus der Alten Kolonie oder der Molotschnaansiedlung
stammen. Zu diesen gehoert die im Gouvernement Wolhynien,
Kreis Ostrog, befindliche Gemeinde Lilewa, deren Glieder (ungefaehr
dreissig Familien) kaerglich leben, da sie als kleine Paechter,
Holzhacker, Tageloehner, oder Weber sich den Lebensunterhalt
erwerben. Unter ihnen herrscht grosse Armut. Ihr Bildungsgrad
ist ein niedriger. Die zwei Gemeinden im Koenigreich Polen,
naemlich Deutsch-Kasun und Deutsch Wymyschle, sind mehr oder
weniger wohlhabend und wirtschaften rationell. Da die Stadt
Warschau in der Naehe liegt, finden sie leicht Absatz fuer
ihre Produkte, wie: Milch, Butter, Obst u. a.. Kasun befindet
sich in naechster Naehe der Festung Nowogeorgiewsk. Die Gemeinde
Koeppental-Orloff, welche sich ungefaehr sechzig Werst von
der Stadt Ssaratow befindet, wurde durch Mennoniten aus der
Marienburger Niederung gegruendet, welche im Jahre 1849 nach
der Molotschnakolonie zogen und von dort aus 1853 ein Stueck
Land im Ssamaraschen Gouvernement und Nowo-usenskschen Kreise
fanden. Zwischen den Jahren 1854 und 1874 entstanden daselbst
auf dem sogenannten Salztrakte nach und nach zehn Doerfer,
welche ueber 13571 Dessaetinen brauchbaren Landes verfuegen.
Die Alexandertaler Mennonitengemeinde im Gouvernement und
Kreise Ssamara besteht ebenfalls aus zehn Doerfern, deren
Gruendung zwischen die Jahre 1858 und 1872 faellt. Ausser
den Elementarschulen in den Doerfern befindet sich eine Fortbildungsschule
daselbst. Die zehn Doerfer bilden die Alexandertaler Wolost
und haben 9150 Dessaetinen brauchbaren Landes.
Abgesehen vom Danke, den wir Mennoniten in Russland fuer solche
Verbreitung und Wohlfahrt Gott, dem Lenker der Menschengeschicke,
schulden, duerfen wir es nicht vergessen, dass der himmlische
Vater unser Kaiserhaus, von Katharina der Grossen an bis auf
seine Majestaet, unsern Kaiser und Landesvater Nikolaus II,
Alexandrowitsch, und weiter, ausersehen hat, um uns durch
dasselbe wohlzutun, weshalb wir auch verpflichtet sind, unablaessig
zu Gott zu flehen, dass Er nicht aufhoeren wolle, unser Herrscherhaus
zu segnen.
Was nun das Geistesleben des Mennonitenvoelkleins in Russland
betrifft, so laesst dieses allerdings manches' zu wuenschen
uebrig. Da ist zunaechst grosser Mangel an Einigkeit in Glaubenssachen
zu konstatieren. Die ungefaehr 40000 Seelen marschieren in
acht religioesen Gemein-
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