Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 12. Dezember 1928, Seite 9. (gotisch) von Lydia Friesen (geb. Esau).
Bogonasow, Neu Samara.
Wünsche Euch dort allesamt die beste Gesundheit an Seele und Leib. Ersteres bleibt bei uns zu wünschen übrig, denn bei uns im Dorfe ist Scharlach ausgebrochen, welches auch meine Frau und Kinder aufs Krankenbett legte. Gatchen ist auch schon ganz gesund. Meine Frau und Hänschen waren auch schon gesund, dann fielen sie zurück und jetzt beinahe schon 6 Monate Krank. Die Frau ist an Lunge und Magen dadurch erkrankt, so daß sie nur sehr wenig essen kann. Zudem hat sie noch in letzter Zeit fast immer Zahnschmerzen. Und Hänschen hat Nierenentzündung bekommen; war auch sehr krank. Jetzt sind aber beide auf dem Wege der Besserung. Die Krankheit hat uns schon viel gekostet. Wir mußten schon die beste Kuh verkaufen. Aber wir wollen nicht murren, denen, die Gott lieben, dienen alle Dinge zum besten. Wir wollen gerne die Kuh entberen und nur dankbar sein, daß wir wieder auf Genesung hoffen dürfen. Der Tod hat hier auch wieder seine Ernte gehalten. Binnen 9 Tage starben hier an dieser Krankheit: Joh. Martens ihr Kind, 11 Monate alt, Dav. Wedel, 16. Jahre alt, Is. Löwens ihr Kind, 7 Monate alt, Joh. Ewerts ihr Peter, 6 Jahre alt, Franz Barchs Kind, 6 Tage alt, dann noch Tante Ewert plötzlich an Schlag. Es waren in kurzer Zeit drei Begräbnisse. Erst eins, dann zwei und dann drei auf einmal. Morgen soll der alte Onkel Franz Barg begraben werden. Er war schon lange krank. Er rühmte in den letzten paar Monate die Gnade des Herrn. Also in drei Wochen sieben Leichen. Aber Gott sei dank, keiner ganz Hoffnungslos. Es hier auch eine Erweckung gegeben. Viele aus der Jugend sind schon gerettet und andere angeregt. Die Bibelstunden werden sehr gut besucht. Wir glauben, daß der, der die Sache angefangen hat, auch weiter wirken wird. Wir können hier auf unsere Ansiedlung in diesem Winter von Massenbekerungen sprechen. In Kaltan sind beinahe 100 Seelen bekert. In Lugowsk bei 50. Es ist wohl kein Dorf, wo nicht Bekerungen stattfinden. Wir haben hier einen sehr segensreichen Winter, auf geistlichen Gebiet. Vor Weinachten wurden wir reichlich gesegnet durch den l. Br. Wall aus Sibirien und nach Weinachten sind wir wieder gesegnet worden nach Jak. 1, 2; Röm. 5, 3 - 5. Mir ist Luk. 21, 28 in letzter Zeit schon verständlich geworden.
Drum ihr Christen, wirket emsig,
Wirket, weil der Tag noch winkt.
Werbet Seelen für den Heiland,
Eh´ auch euch die Sonne sinkt.
Ich sollte mit noch einem Bruder hier noch etliche Dörfer und die Orenburger Ansiedlung besuchen, aber der Krankheit halber in meiner Familie ist mir die Arbeit vom Vorberat abgenommen. Jedoch, wenn es noch weiter so bessert, hoffe ich noch eine Reise hier unter den Russen im Märzmonat zu machen. Möchte der Herr Gnade schenken, die Zeit mehr für ihn auszunützen. - Unsere Ernte war 25 Pud Weizen und etwas Hafer und Roggen. Aber der Herr hat uns noch nicht verlassen. Die Wirtschaft haben wir fürs nächste Jahr abgegeben, denn es war uns zu schwer, nur mit 1 Pferde und ohne Getreide dieselbe zu bearbeiten. Auch wollte ich mehr frei sein. Ich wollte schon einmal schreiben, dann bestellten die Sonntagsschüler euch alle sehr zu grüßen.
Sind David Littkens in eurer Nähe? - Bitte grüß alle, die uns kennen und an uns denken. Wir haben da so viele Freunde und Bekannte, auch noch Verwandte, die vor euch da gewohnt haben. Ich würde gerne allen einen Brief schreiben, aber die Umstände erlauben es nicht. Herzlich grüßend mit Röm. 8, 31 - 39, verbleiben wir eure Geschwister im Herrn.
Joh. und Agatha Langmann.
Brief von Johann und Agatha Langemann, Dorf Seljennoje, Gouv. Orenburg, in der "Mennonitische Rundschau" vom 13. September 1922, Seite 14. Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau). |