Brief von Johann und Agatha Langemann, Dorf Seljennoje, Gouv. Orenburg, in der "Mennonitische Rundschau" vom 13. September 1922, Seite 14

 

Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau) (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 13. September 1922, Seite 14. (gotisch) von Lydia Friesen (geb. Esau).

 

 

(Eingesandt von Br. M. M. Penner, Steinbach, Man.)
Wer nur den lieben Gott läßt walten
Und hoffet auf Ihn allezeit,
Den wird Er wunderbar erhalten
In aller Not und Traurigkeit,
Wer Gott, dem Allehöchsten traut,
Der hat auf seinen Sand gebaut.
Lieber Onkel!
Wie der Dichter sich im angeführten Verse ausdrückt, so darf man nie den Mut sinken lassen, ja wir sollen stets den Blick aufheben zu den Bergen, von wannen uns hilfe kommt, Ps. 121. doch zuerst möchte ich Ihnen berichten, wer ich bin. Ich bin Johann Langemann, Peter Langemanns Sohn. Mein Großvater war Aron Langemann. Mein Vater ist, wenn ich recht bin, in Orloff an der Molotschna geboren. Meine Mutter Margareta ist die Tochter von Martin Fast von Tiege, Molotschna, und so viel ich weiß, Ihre Cousine. Von Tiege zogen meine Eltern nach Bogomasow, Gouv. Samara. Dort kam mein Vater 1900 durch einen Unglücksfall zu Tode. Meine Mutter trat 1901 mit David Penner aus Fischau, Molotschna in die zweite Ehe. Meine liebe Mutter starb am 16. Mai 1919 am Fleckentyphus. Darauf kam ich durch Gottes weisen Ratschluß nach der Orenburger Ansiedlung, wo ich am 9 Mai 1921 mit Agatha, Tochter des Joh. Littke in den Ehestand trat. Mein Schwiegevater ist ein Sohn des Peter Littke, die Mutter des Schwiegervaters ist eine Katarina, geborene Voth. Die Großeltern, Vaters Eltern, haben in Heinrichsdorf, Gouv. Shitomir, Polen gewohnt. Der Großvater ist dort gestorben, die Mutter wurde nach Franztal, Taurien geschickt. Sie hatte auch Geschwister in Amerika, nämlich Heinrich Voth, der seinerzeit in Kansas gewohnt, und eine Schwester, Frau Jakob Schmidt, in Dakota gewohnt. Auch soll der Vater dort noch etliche Brüder haben. Ich weiß aber nicht, wie sie heißen und wo sie wohnen.
Ich würde diesen Brief gerne an die Mennonitische Rundschau schicken, ich bitte sie, liebe Onkel, diesen Brief der Rundschau zur Veröffentlichung einzuschicken, dann können alle Freunde den Brief lesen. Sollten sie sie nicht alle lesen, so bitte ich die werten Rundschauleser, die in ihrer Nähe wohnen, es ihnen mitzuteilen.
Hier ist alles sehr knapp, besonders Brot, und ringsum herrscht Hungersnot. Gott sei Dank für die Hilfe aus Amerika, so werden die Notleidenden täglich einmal gespeist. Ich und meine Frau kochen auch in eine Küche. Gott möchte den Gebern jenseits des Ozeans ihre Liebestat vergelten. Im vorigen Jahre glaubten wir nicht, daß es uns in diesem Jahre so gehen würde, da hatten wir noch 3 Pferde und 2 Kühe und auch genügend Brot, aber da fiel uns ein Pferd und eine Kuh und die letzten beide Pferde wurden uns gestohlen, dem folgte die totale Mißernte, und so sitzen wir ohne Haus, ohne Pferd, ohne Brot ohne Saat. Wir haben hier eine Wirtschaft von 25 Desj., doch noch nicht gebaut. Ich bitte auch herzlich die lieben Verwandten, uns auch ein Paket durch A. R. A. zukommen zu lassen. Erbarmt Euch unserer.
Nebst Gruß an alle Freunde und auch an die Rundschauleser.
Eure Mitpilger Johann und Agatha Langemann,
Dorf Seljennoje, Post Pretoria, Gouv. und Kreis Orenburg.

 

 

Bemerkungen von Lydia Friesen (Esau):

Johann Peter Langemann (20.06.1895, Bogomasowo, Neu Samara - 11.10.1937) (#1111589)
Agatha Johann Littke (2.04.1897, Nikolaifeld - 20.12.1994, Augusdorf, Deutschland) (#1111588)

Лангеман Иван Петрович
Родился в 1895 г. Проживал: Люксембургский р-н, п. Богомазово.
Приговорен: тройка при УНКВД по Оренб. обл. 8 октября 1937 г.
Приговор: ВМН Реабилитирован 6 июня 1989 г.
Источник: Книга памяти Оренбургской обл.

Aus dem Buch "Das Abendbrot der Gemeindezeit" von Daniel Janzen: "Johann und Agatha Langemann. Bruder Johann war Prediger in der Gemeinde und ist als Prediger im Jahr 1937 verhaftet worden und ist auch nicht mehr zurückgekommen. Sie wohnten im Dorf Bogomasowo. Schwester Agatha ist mit den Kindern nach Deutschland gekommen und hier verstorben. Sie ist auf dem Friedhof in Augustdorf beerdigt."

Aus dem Buch"Neu Samara am Tock (1890-2003). : ".. Prediger hatte Bogomasow nur einen, Johann Langemann, der auch nach Off. 2,10 als Märtyrer gelitten und gestorben ist!"
   
Zuletzt geändert am 10 Juni, 2019