Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung

 

Buch: Mennonitisches Jahrbuch 1913. D. Epp. 1914. Halbstadt
Artikel: Ein Sonntag von Anno 1840 auf der Insel Chortitza. Nach K. Hildebrandt senior.
 
   
 
Seite 65
 
         
 

65

ihn mit lautem Schreien und Knuettelschwenken davon, jedoch bevor die Jaeger mit den Flinten ankamen, war er laengst fort. Doch wurde er an demselben Tage in dem wild verwachsenen Tale der "Haidaschen" erschossen. Heute jedoch ist auch die "Haidasche" beinahe ganz holzleer.
Doch kehren wir zu unserer angekuendigten Wolfsjagd zurueck.
Die jungen Maenner und erwachsenen Burschen sitzen bereits zu Pferde, ein stattliches, tatendurstiges Heer. Damals wurde ueberhaupt viel geritten und von manchen mancherlei Gewandtheit in dieser Kunst erreicht. Heute ist das Stahlross mehr in die Mode gekommen.
Die aelteren Maenner, die nicht als Schuetzen mit der Buechse erschienen, die Maedchen und kleineren Knaben, die doch bereits ueber flinke Beine, starke Stimmen und gute Lungen verfuegten, kamen mit Knuetteln und Schnarren bewaffnet zuhauf. Versammlungsplatz ist, wie immer bei solchen Gelegenheiten, der Hof des Jakob Hoeppner, der bei allen Wolfstreiben den Oberbefehlshaber der Armee macht. - Auch der Schulze mit seinen beiden Beisitzern sind am Platz. Tatsaechlich bleiben nur Greise, Kranke, Frauen und kleine Kinder daheim.
Das riesiglange Wolfsnetz mit der Pritke*) wird auf den Wagen gelegt. Dieses Netz, von so genannten "Marling" fest geknotet, war Gemeindeeigentum und wurde bei Hoeppners aufbewahrt. Um nicht von Nagetieren zerstoert zu werden, bedurfte es einer besonders wachsamen Obhut. Als es spaeter keine Schafe und auch keine Woelfe mehr auf der Insel gab, wurde das Wolfsnetz aufgeknotet und saemtliche Wirte der Insel hatten fuer viele Jahre Sackbaender davon.
Hoeppner, der Dorfschulze und seine beiden Beisitzer besprechen noch den Feldzugsplan. Bei dem Winde, der soeben einzusetzen beginnt, muss man besonders vorsichtig sein, damit der Wolf keine Witterung von den Jaegern bekommt. Also soll mit dem Winde gejagt werden, von der Niederung her dem Hochlande zu. Das Wolfsnetz soll hinter dem Strauchzaun, der die frei weidenden Pferde von den Aeckern trennt, neben der "General siegte" aufgestellt werden. Die Treiber duerfen nicht saeumen, doch mit aller noetigen

*) Einen Faden lange Pfaehle, die zum Aufstellen des Wolfnetzes dienten


         
 
Seite 65
 

 

 


Zuletzt geaendert am 1 Juni 2008.