Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung

 

Buch: Mennonitisches Jahrbuch 1911-12. H. Dirks. 1913. Halbstadt
Artikel: Zur Jahrhundertfeier der Kolonie Neu-Osterwick, jetzt Pawlowka. Nach D. H. Rempel, Pawlowka
 
   
 
Seite 84
 
         
 

84

und Schindlers deutsche Sprachhefte, die zum Schluss mich einen Anhang von Hefestuecken besassen, an die Reihe kommen sollte, da machte unser Dorfsaeltester doch ein recht bedenkliches Gesicht, Er war ein ziemlich haeufiger Gast beim Schullehrer und ihm sonst auch gewogen, - doch solche Hefte einfuehren, war nicht nur so von ungefaehr.
Indessen waren die Sprachhefte angekommen, und der Dorfeaelteste lies; sich bewegen, dieselben der Dorfsgemeinde zur Anschaffung vorzulegen. - Befuerwortet mag er sie wohl nur schwach haben, denn das Resultat der Beratung war ein negatives.
Am andern Morgen, nach abgehaltener Gemeindeversammlung, brachte er denn auch den ganzen Packen zurueck und erklaerte -
"Ne, Schoollehra, dat geiht nich! De Nobasch wellen sowat nich enne School haben. Ii selle en Bibel und Tastament lesen. So eenen "Schinda" - oda wo he het, kenn wi nich bruecken en de School."
Der Lehrer wollte ihn eines Bessern ueberfuehren, doch unser Dorfmonarch - lang ist er tot, Gott hab ihn selig!-zitierte nur noch seinen bei Passender und unpassender Gelegenheit gebraeuchlichen philosophischen Ausspruch: "Schoollehra, wem ma en Pund gegebt es, von dem kann ena uck nich mea verlangen," unbestimmt lassend, auf wen es anzuwenden sei. Sprach's, und ging weiter, die Angelegenheit fuer abgeschlossen haltend.
Doch anders als der Schulze dachten die Lehrer der Schule,
Sie beschlossen, die Hefte an die Schueler zu verteilen, - und die Kinderchen brachten willig die 15 Kopeken, welche dafuer zu bezahlen waren. Als dann abends sich einige Vordermaenner beim Lehrer ein-fanden und die Angelegenheit durchsprachen, fanden sie sein Vorgehen gut und bestaerkten ihn in dem Bestreben, nur immer weiter vorwaerts zu schreiten, wenn die Masse der Dorfsversainmlung auch noch nicht dafuer zu haben sei.
Damit war die erste Bresche geschlagen. Das Weitere machte sich schon leichter.- Doch an heftigen Vorwuerfen und schweren Anklagen, als haetten die Osterwicker Lehrer Bibel und Testament aus der Schule verbannt und dafuer weiss Gott was fuer schlechte Buecher eingefuehrt, fehlte es noch im Laufe einiger Jahre nicht.
Ueberhaupt hatte Neu-Osleiwick schon damals eine ganze Reihe sehr einsichtsvoller Maenner, die sich besonders fuer die Schule interessierten. Dabei kommen mir Namen in Erinnerung wie: Klassen, A. Pen-

         
 
Seite 84
 

 

 


Zuletzt geaendert am 12 November 2006.