|
94
Land fuer die Mennoniten zu neuen Ansiedlungen
gekauft werden darf und auch schon reichlich gekauft worden
ist.
Ein beruechtigter Nogaischer oder tartarischer Raeuber, namens
Alim, machte Ende der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
den Sueden Russlands unsicher. Er war ein hoher Kerl, sehr
stark und kuehn und heftig. Im Besitze eines zwar kleinen,
aber sehr starken und leichtfuessigen Pferdes, auf welchem
sitzend er seinen Verfolgern, berittene Polizisten oder Kosaken,
lange nicht nur entkam, wenn sie ihn aufgespuert hatten, sondern
sie noch vorher gehoerig verspottete und neckte. Ein bedeutender
Preis war von der Krone auf sein Haupt gesetzt. Einmal sass
er mit einem Hirten einer Schafherde gemuetlich auf einer
Magila, als Kosaken heran sprengten. Als sie nicht mehr weit
von ihm ab waren, pfiff er seinem in der Naehe weidenden Pferde
zu. Blitzschnell kam dasselbe zu ihm gelaufen, mit einem Satz
schwang er sich in den Sattel, und wie ein Pfeil jagte er
davon, die Kosaken neckend; die Kosaken hinter ihm her, ohne
ihn zu bekommen.
Im Pferdestehlen war er Meister; auch Einbrueche und Mordtaten
sind von ihm veruebt worden. Auch die Leute in den Mennonitendoerfern
waren in Angst vor dem Alim. Der Herausgeber des Jahrbuches
erinnert sich, dass nicht nur nachts, sondern sogar tags am
Ende der Doerfer Wachen ausgestellt waren, so auch an den
Enden des Dorfes Gnadenfeld.
Bei aller Grausamkeit hatte Alim auch noch eine gute Seite.
Manchen Armen hat er beschenkt von dem, was er Reichen geraubt.
Als er eben einmal einen reichen reisenden Popen (russischen
Geistlichen) beraubt hatte, begegnete er einem jammerierenden
armen Muschik (russischer Bauer). Auf die Frage nach dem Grunde
seiner Trauer, erzaehlte derselbe ihm, dass einige Werst von
dort ihm Alim begegnet sei und ihm Wagen und Pferde mit den
Sachen auf dem Wagen geraubt habe. Sogleich ritt Alim auf
seinem schnellfuessigen Pferde hin in der bezeichneten Richtung,
sieht und findet denn auch bald den Pseudoalim. Denselben
mit dem Kantschu verhauend, befahl er ihm, in die Richtung
zu fahren, wo der beraubte Muschik sich befand. Bei demselben
angekommen, musste er vom Wagen steigen, verwamste ihn noch
einmal und schnitt ihm dann Ohren und die Nase ab und sagte
zu ihm: "So, nun bist du der Alim ohne Nase und Ohren
und ich der Alim
|
|