Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung

 

Buch: Mennonitisches Jahrbuch 1906. H. Dirks. 1907. Halbstadt
Artikel: Aus den Aufzeichnungen eines Alten. (von Aeltesten H. Dirks )
 
   
 
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Land fuer die Mennoniten zu neuen Ansiedlungen gekauft werden darf und auch schon reichlich gekauft worden ist.
Ein beruechtigter Nogaischer oder tartarischer Raeuber, namens Alim, machte Ende der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts den Sueden Russlands unsicher. Er war ein hoher Kerl, sehr stark und kuehn und heftig. Im Besitze eines zwar kleinen, aber sehr starken und leichtfuessigen Pferdes, auf welchem sitzend er seinen Verfolgern, berittene Polizisten oder Kosaken, lange nicht nur entkam, wenn sie ihn aufgespuert hatten, sondern sie noch vorher gehoerig verspottete und neckte. Ein bedeutender Preis war von der Krone auf sein Haupt gesetzt. Einmal sass er mit einem Hirten einer Schafherde gemuetlich auf einer Magila, als Kosaken heran sprengten. Als sie nicht mehr weit von ihm ab waren, pfiff er seinem in der Naehe weidenden Pferde zu. Blitzschnell kam dasselbe zu ihm gelaufen, mit einem Satz schwang er sich in den Sattel, und wie ein Pfeil jagte er davon, die Kosaken neckend; die Kosaken hinter ihm her, ohne ihn zu bekommen.
Im Pferdestehlen war er Meister; auch Einbrueche und Mordtaten sind von ihm veruebt worden. Auch die Leute in den Mennonitendoerfern waren in Angst vor dem Alim. Der Herausgeber des Jahrbuches erinnert sich, dass nicht nur nachts, sondern sogar tags am Ende der Doerfer Wachen ausgestellt waren, so auch an den Enden des Dorfes Gnadenfeld.
Bei aller Grausamkeit hatte Alim auch noch eine gute Seite. Manchen Armen hat er beschenkt von dem, was er Reichen geraubt. Als er eben einmal einen reichen reisenden Popen (russischen Geistlichen) beraubt hatte, begegnete er einem jammerierenden armen Muschik (russischer Bauer). Auf die Frage nach dem Grunde seiner Trauer, erzaehlte derselbe ihm, dass einige Werst von dort ihm Alim begegnet sei und ihm Wagen und Pferde mit den Sachen auf dem Wagen geraubt habe. Sogleich ritt Alim auf seinem schnellfuessigen Pferde hin in der bezeichneten Richtung, sieht und findet denn auch bald den Pseudoalim. Denselben mit dem Kantschu verhauend, befahl er ihm, in die Richtung zu fahren, wo der beraubte Muschik sich befand. Bei demselben angekommen, musste er vom Wagen steigen, verwamste ihn noch einmal und schnitt ihm dann Ohren und die Nase ab und sagte zu ihm: "So, nun bist du der Alim ohne Nase und Ohren und ich der Alim

         
 
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Zuletzt geaendert am 27 Mai 2008.