Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung



Gemeindebericht 1848, das Molotschnaer Mennonitengebiet

 

Gemeindebericht 1848, Mennonitenkolonien.

36. Wernersdorf

Diese Kolonie wurde im Jahre 1824 am linken Ufer des Flusses Tokmak, 35 Werst von Orechow und 100 Werst von Berdjansk unter Anweisung des Oberschulzen Johann Klassen von Ohrloff gegruendet. Die unbewohnte Steppe wurde damals nur von einigen Viehherden der angrenzenden Russen beweidet. Die urspruengliche Niederlassung bestand aus 20 Familien (1855:30 Wirtschaften, 51 Anwohnerfamilien; insgesamt 237 Maenner, 232 Frauen; 1857: 30 Wirtschaften, 149 Maenner, auf 1950 Desj. und 2 landlose Familien, 11 Maenner) und bildet eine einfache Reihe von Haeusern. Sieben der Umsiedlerfamilien sind aus den Kreisen Elbing, Marienburg und Tiegenhof in Westpreussen im Jahre 1819 eingewandert, haben sich in den fuenf Jahren vor der Ansiedlung zu ihren mitgebrachten 2 Pferden und einem Wagen einiges Haus- und Ackergeraet verdient und bei der Niederlassung einen Kronsvorschuss von 5668 R. Banko erhalten. Zwei Familien stammen aus den hiesigen und 11 Familien aus dem Chortitzer Mennoniten-Bezirk und haben bei der Siedlung insgesamt ungefaehr 3900 R. Banko besessen.
Zum Andenken an ein in ihrem frueheren Vaterlande befindliches Dorf gleichen Namens nannten sie die Kolonie Wernersdorf.
Der Boden besteht aus lockerer, schwarzer, stellenweise mit Lehm vermischter Erde, ist zum Grasbau mittelmaessig, zum Getreidebau und zu Baumanlagen gut geeignet. Der steinigte Untergrund ist an einigen Stellen ein fast unueberwindliches Hindernis beim Graben der Brunnen. Die im Jahre 1837 unter Anleitung des landwirtschaftlichen Vereins angefangene, noch nicht ganz vollendete Waldanlage befindet sich in bluehendem Zustande.
Die Kolonie ist seit ihrer Gruendung fuenf mal so stark von der Viehseuche heimgesucht worden, dass sie nicht im Stande war in der Zwischenzeit ihre Viehherden in guten Stand zu bringen. Zudem sind den Ansiedlern in 24 Jahren 58 Pferde gestohlen worden.
Im Jahre 1825 verheerten die Heuschrecken Felder und Gaerten, in den folgenden Jahren waren sie weniger schaedlich und verschwanden bis zum Jahre 1829 gaenzlich.
Das Ansiedlungsjahr brachte eine Missernte und einen sehr ungestuemen Winter, so dass viel Vieh Hungers starb. Auf das schreckliche Notjahr 1833 folgte 1834 bei schwacher Aussaat wieder eine schlechte Ernte.
Durch die in anderen Abschnitten geschilderten den Wohlstand foerdernden Ereignisse ist auch diese Kolonie trotz allen Missgeschicks emporgekommen.

Schulz Bernhard Epp.
Beisitzer Peter Goertz, Gerhard Doerksen.
Wernersdorf, den 29. April 1848.


Quelle: Odessaer Zeitung. 42. Jahrgang, 1904, Nr. 217




Zuletzt geaendert am 1 Mai 2008