Diese Kolonie wurde im Jahre 1824 am linken Ufer des
Flusses Tokmak, 35 Werst von Orechow und 100 Werst von Berdjansk unter Anweisung
des Oberschulzen Johann Klassen von Ohrloff gegruendet. Die unbewohnte Steppe
wurde damals nur von einigen Viehherden der angrenzenden Russen beweidet. Die
urspruengliche Niederlassung bestand aus 20 Familien (1855:30 Wirtschaften, 51
Anwohnerfamilien; insgesamt 237 Maenner, 232 Frauen; 1857: 30 Wirtschaften, 149
Maenner, auf 1950 Desj. und 2 landlose Familien, 11 Maenner) und bildet eine einfache
Reihe von Haeusern. Sieben der Umsiedlerfamilien sind aus den Kreisen Elbing,
Marienburg und Tiegenhof in Westpreussen im Jahre 1819 eingewandert, haben sich
in den fuenf Jahren vor der Ansiedlung zu ihren mitgebrachten 2 Pferden und einem
Wagen einiges Haus- und Ackergeraet verdient und bei der Niederlassung einen Kronsvorschuss
von 5668 R. Banko erhalten. Zwei Familien stammen aus den hiesigen und 11 Familien
aus dem Chortitzer Mennoniten-Bezirk und haben bei der Siedlung insgesamt ungefaehr
3900 R. Banko besessen.
Zum Andenken an ein in ihrem frueheren Vaterlande
befindliches Dorf gleichen Namens nannten sie die Kolonie Wernersdorf.
Der
Boden besteht aus lockerer, schwarzer, stellenweise mit Lehm vermischter Erde,
ist zum Grasbau mittelmaessig, zum Getreidebau und zu Baumanlagen gut geeignet.
Der steinigte Untergrund ist an einigen Stellen ein fast unueberwindliches Hindernis
beim Graben der Brunnen. Die im Jahre 1837 unter Anleitung des landwirtschaftlichen
Vereins angefangene, noch nicht ganz vollendete Waldanlage befindet sich in bluehendem
Zustande.
Die Kolonie ist seit ihrer Gruendung fuenf mal so stark von der Viehseuche
heimgesucht worden, dass sie nicht im Stande war in der Zwischenzeit ihre Viehherden
in guten Stand zu bringen. Zudem sind den Ansiedlern in 24 Jahren 58 Pferde gestohlen
worden.
Im Jahre 1825 verheerten die Heuschrecken Felder und Gaerten, in den
folgenden Jahren waren sie weniger schaedlich und verschwanden bis zum Jahre 1829
gaenzlich.
Das Ansiedlungsjahr brachte eine Missernte und einen sehr ungestuemen
Winter, so dass viel Vieh Hungers starb. Auf das schreckliche Notjahr 1833 folgte
1834 bei schwacher Aussaat wieder eine schlechte Ernte.
Durch die in anderen
Abschnitten geschilderten den Wohlstand foerdernden Ereignisse ist auch diese
Kolonie trotz allen Missgeschicks emporgekommen.
Schulz Bernhard Epp.
Beisitzer
Peter Goertz, Gerhard Doerksen.
Wernersdorf, den 29. April 1848.
Quelle:
Odessaer Zeitung. 42. Jahrgang, 1904, Nr. 217