Im Fruehling 1805 unter dem Oberschulzen Klaas Wiens
gegruendet, wurde die Kolonie erst drei Monate spaeter nach der ersten Heuernte
abgepfluegt und deren Wirtschaften durchs Los verteilt. Wegen der spaeten Ankunft
wurde in diesem Jahr noch nicht ausgesaet. Die Wohnungen zum Winter wurden provisorisch
teils in, teils ueber der Erde gemacht, zum regelmaessigen Haeuserbau fuer den
kuenftigen Fruehling aber das von der hohen Krone verliehene Holz herbeigeschafft.
Die Ansiedlung lag bis zum Jahre 1812 am linken Ufer des Flusses Tokmak zwischen
den Kolonien Ladekopp und Petershagen; da aber der Dorfsplan weder abgemessen
noch abgepfluegt worden war, kamen die drei Doerfer zu nahe aneinander, so dass
es hernach fuer vorteilhafter eingesehen wurde, wenn Schoensee an einen gelegeneren
Ort umgesiedelt wuerde. Dieser Ort liegt 10 Werst oberhalb des Kronsdorfes Tokmak
am Flusse gleichen Namens. Der Plan dieser umgesiedelten Kolonie besteht aus einem
laenglichen Viereck und grenzt auf zwei Seiten an die Laendereien, welche die
hohe Krone dem Einsassen der Kolonie Halbstadt Johann Klassen zur Anlegung einer
Tuchfabrik verliehen hat, im Norden an den Fluss Tokmak und im Osten an die Laendereien
der Kolonie Liebenau.
Der Boden ist ziemlich milde, aber mit wenig schwarzer
Erde bedeckt nur fuer den Graswuchs nicht sehr geeignet. Der Plan ist bequem fuer
das Austreiben des Viehes eingerichtet, welches zur Traenke an den Fluss Tokmak
gefuehrt wird. Die in der Naehe der Kolonie befindlichen Berge, welche als Viehweide
benutzt werden, verursachen, dass das Ackerland etwas weit von der Kolonie entfernt
ist. Das Land ist bei guter Vorbereitung sowohl fuer den Ackerbau als auch fuer
Baumanlagen von mittelmaessiger Fruchtbarkeit.
Bei einer vom Gebietsamte veranstalteten
Zusammenkunft der ersten Ansiedler in der Kolonie Altona behufs Beratung ueber
die Einteilung und Benennung der Kolonien schlug Jakob Regier, eingedenk seines
Geburtsortes Schoensee in Westpreussen vor, die Kolonie ebenso zu nennen, was
allgemein befuerwortet wurde. Die ersten Ansiedler waren 19 Familien (1855: 20
Wirtschaften, 42 Anwohnerfamilien insgesamt 154 Maenner, 153 Frauen, vgl. 1857:
20 Wirtschaften 123 Maenner auf 1300 Desj. und 23 landlose Familien 85 Maenner
aus dem Bezirk Marienburg. Das ihnen bestimmte Land wurde von den Bewohnern Tokmaks
zur Viehweide und zu einem ganz geringen Teil zum Ackerbau benutzt. Die Niederung
war mit schoenem Grase bewachsen, dessen ueppiger Blumenflor den neuen Ankoemmlingen
die Verheissung eines guten Fortkommens war. Ihr ganzes Vermoegen bestand mit
Einschluss aller mitgebrachten Gegenstaende in etwa 5000 R. Banko; dazu erhielten
sie von der hohen Krone mit Inbegriff des Bauholzes und der Nahrungsgelder einen
Vorschuss von 8534 Rub. Banko.
Zu der Wohlfeilheit aller Landesprodukte kamen
in den ersten Jahren die haeufigen Faelle von Pferdediebstahl, wodurch der Aufschwung
der Kolonie sehr gehemmt wurde. Die Butter galt 7 Kop. das Pfund; anno 1808 10
Kop., spaeter stieg der Preis bis 20 Ko. Banko. 1809 bracht die Viehseuche aus
und raffte gleich in der ersten Woche 92 Stueck dahin. Am 19. Juni 1811 zwischen
12 und 1 Uhr vernichtete ein Hagelschlag die ganze Ernte; im Herbst des gleichen
Jahres raffte eine Seuche fast das ganze Jungvieh hinweg.
Im Jahre 1812 wurde
die Kolonie umgesiedelt, wobei ihr von den anderen Kolonien Hilfe geleistet wurde.
Doch siedelten sich auf dem neuen Plan nur 10 der alten Wirte an; die uebrigen
hatten die Hoffnung auf ein besseres Fortkommen aufgegeben und ihre Wirtschaften
anderen Einwanderern abgegeben.
Am neuen Ansiedlungsorte war sie im wesentlichen
den gleichen hindernden und foerdernden Einfluessen ausgesetzt, wie die uebrigen
Kolonien.
Nach einer spaerlichen Ernte und anhaltend schoenem Wetter brach
am 24. Dezember 1824 ein verheerendes Sturmwetter mit Schneegestoeber aus, welches
bis zu Ende Maerz 1825 anhielt. Da zwang der Futtermangel, die Daecher abzudecken,
und doch fiel manches Stueck Vieh infoiges des Hungers. Die abgedeckten Haeuser
waren bis zum Herbst allen schaedlichen Einfluessen der Witterung ausgesetzt.
Auch spaeter haben orkanartige Ostwinde das Getreide von den Brachfeldern weggerissen.
Schoensee,
den 1. Mai 1848.
Schulz Johann Gogen.
Beisitzer Gerhard Enns, Jakob Doerksen.
Jakob
Wurms, Schullehrer.
Quelle: Odessaer Zeitung. 42. Jahrgang, 1904,
Nr. 178