Wenn man die auf der Nordseite dieser Kolonie sich erhebende
Anhoehe besteigt, die von der Kolonie durch ein kleines Tal getrennt ist, so kann
man die zwei Reihen Wirtschaftsgebaeude der Ansiedler uebersehen. Alle diese Haeuser
sind regelmaessig angelegt, im Innern zweckmaessig eingerichtet und von einem
gefaelligen Ansehen. Was dem aeusseren noch mehr Gefaelligkeit verleiht, sind
die regelmaessig angelegten Obstgaerten, welche an der Gasse mit wilden Birnbaeumen,
zwischen den Nachbarn mit einer Maulbeerhecke und am hinteren Ende mit einer wilden
oelhecke eingefasst sind. Hinter den Obstgaerten der Suedseite befindet sich die
Gehoelzplantage der ganzen Dorfsgemeinde mit ihren verschiedenen Arten von Waldbaeumen,
darunter ein Drittel Maulbeeren. Diese Plantage enthaelt 17 Dessjatinen Land,
wovon auf jeden Wirt 1/2 Dessj. kommt, welche ringsum von einer Maulbeerhecke,
die ganze Plantage mit einer wilden oelhecke eingefasst ist. Auf beiden Enden
der Kolonie wohnen die Beisassen in regelmaessig erbauten Haeusern.
Die Kolonie
wurde im Jahre 1828 unter Anleitung des Oberschulzen Johann Klaassen gegruendet.
Die Haeuser wurden aus Luftziegeln gebaut; in ihnen wurde fuer den ersten Winter
eine Abteilung fuer das Vieh eingerichtet. Der Ackerbau wurde in dieser Zeit wegen
Mangel an Vieh nur im kleinen betrieben. Ebenso die Schafzucht trotz der hohen
Wollpreise (10 bis 30 Rbl. das Pud). Die Hof stellen waren von Graeben umgeben.
Das
Dorf liegt laengs des Nebentales der Molotschna Kuruschan an dessen suedlicher
Seite. Das Wasser in den Brunnen liegt 25 bis 40 Fuss tief. Ackerfelder und Heuwiesen
liegen auf einer Anhoehe und sind ziemlich fruchtbar.
Da die hiesige Steppe
ein Dreieck bildet, also einen sparrenaehnlichen Plan hat, so wurde die Kolonie
nach einem bekannten Dorf in Preussen Sparrau genannt.
Die ersten 28 Ansiedler
dieser Kolonie sind groesstenteils aus dem Bezirk Elbing in Westpreussen eingewandert.
Zwei Jahre spaeter wurden noch 8 Familien aus den anderen Kolonien dieses Bezirks
aufgenommen. (1855: 40 Wirtschaften, 61 Anwohnerfamilien; insgesamt 295 Maenner,
264 Frauen; 1857: 40 Wirtschaften, 216 Maenner, auf 2600 Desj. und 34 landlose
Familien, 133 Maenner.) Das Land gehoerte zu dem Pachtland des Johannes Kornies,
welcher es Tataren und Griechen zur Weide ueberliess. Die Ansiedler erhielten
einen Kronsvorschuss von 14,092 R. Banko. Nur wenige besassen eigenes Vermoegen
im Betrage von etwa 500 R. und bedurften des Vorschusses nicht.
Im Jahre 1832
zeigte sich in einer Herbstnacht gleichsam als Vorbote fuer das schreckliche Notjahr
1833 ein Nordlicht. Das sah aus, wie eine ungewoehnliche Feuermasse am naechtlichen
Sternenhimmel, die sich oeffnet und in deren oeffnung man, dem Anschein nach,
tief hineinsehen konnte. Nachdem sich die oeffnung wieder geschlossen, endigte
die Erscheinung mit dem Fallen einer unzaehligen Menge von Sternen. Der weitere
Verlauf der Geschichte dieser Kolonie weist keine[n] von derjenigen anderer Kolonien
abweichenden Zuege auf.
Schulz Heinrich Ewert
Beisitzer: Gerhard Duck, Jakob
Ott
Schullehrer Peter Friesen
Sparrau, den 23. April 1848.
Quelle:
Odessaer Zeitung. 42. Jahrgang, 1904, Nr. 222