Wenn
man die auf der suedwestlichen Seite dieser Kolonie sich erhebende Anhoehe besteigt,
die von der Kolonie durch eine Niederung getrennt ist, so kann man die Reihen
der Wirtschaftsgebaeude uebersehen. Alle Haeuser sind regelmaessig angelegt und
im Innern zweckmaessig eingerichtet. Was das Äussere besonders ziert, sind
die von den Ansiedlern angelegten Obstgaerten, die laengst der Gasse mit wilden
Birnbaeumen und zwischen den Feuerstellen mit Maulbeerhecken eingefasst sind.
An der oestlichen Seite dieser Kolonie befindet sich die Gehoelzplantage der ganzen
Dorfsgemeinde, welche mit verschiedenen Arten von Waldbaeumen, darunter ein Drittel
Maulbeerbaeume, bepflanzt ist. Diese Plantage enthaelt 12 1/2 Dessjatinen Land,
was auf jeden Wirt 1/2 Dessjatine betraegt.
Die Kolonie wurde im Jahre 1837
gegruendet und die Haeuser aus Luftziegeln gebaut. Die Niederung, in welcher die
Kolonie liegt, heisst auf Griechisch Bodny, d.h. Wassertal. Da sie reich an Wasserquellen
ist, so fliesst hier beinahe den ganzen Sommer hindurch ein kleiner Bach. Der
Erdboden hat eine 3/4 - 1 Arschin dicke Oberschicht von schwarzer vegetabilischer
Erde auf einer Unterlage von stellenweise mit Gestein vermischter gelber Tonerde.
Die Fruchtbarkeit ist mittelmaessig. Am besten wachsen folgende Baumarten: Ahorn,
Eschen, Ruester, amerikanische Akazie, vorzueglich Maulbeeren und in den Niederungen
Weiden. Die noetigen Steine werden auf 8 Werst Entfernung von einem grossen Steinhuegel
herbeigeschafft.
Da der Ansiedlungsplatz, welcher von den Deputierten dieses
Bezirks Wilhelm Rempel und Jakob Martens, in Gemeinschaft mit dem Chortitzer Oberschulzen
Jakob Bartsch aufgesucht wurde, ein schoenes ebenes Feld war, so gaben sie der
Kolonie den Namen Schoenfeld. Als man dort aber beim Graben eines Brunnens in
einer Tiefe von 52 Fuss noch kein Wasser fand, so musste das Dorf bei der Kolonie
Bergtal am obenerwaehnten Bach angelegt werden. Den Namen Schoenfeld aber behielt
das Dorf schon bei.
Anfaenglich hatten sich hier 25 Familien aus dem Chortitzer
Mennonitenbezirk angesiedelt. Seit 11 Jahren haben sich noch 16 junge Familien
gebildet und als Kleinhaeusler angebaut. Das Vermoegen der ersten Ansiedler, die
alle Kleinhaeusler waren, belief sich nur auf 400 bis 900 Rubel banko. In Anbetracht
ihrer Armut erhielten sie je 5 Transportfuhren aus dem Chortitzer Bezirk zur Ueberfuehrung
ihrer Effekten.
Da der Erdboden dieser Kolonie zum Getreidebau und zur Baumkultur
recht gut geeignet ist und das Getreide in dem nahen Mariupol seit einigen Jahren
gute Preise hat, so haben sich die Umstaende der Ansiedler sehr gebessert.
Die
Jahre 1840 und 1845 brachten empfindliche Missernten. Der Winter von 1840 auf
1941 war sehr ungestuem, und es fielen von 1385 Schafen 679 Stueck infolge Futtermangels.
Seit Gruendung der Kolonie sind bereits 31 Stueck Zugpferde gestohlen worden,
wodurch einige Wirte in grosse Armut geraten sind.
Vor Feuersbruensten, Ueberschwemmungen,
Erdbeben und epidemischen Krankheiten ist die Kolonie verschont geblieben.
Im
Winter 1840 auf 41 wuerde der Verlust an Vieh noch bedeutender gewesen sein, wenn
nicht der ehrsamen Kirchenaelteste Jakob Braun aus Bergtal Anstalt getroffen haette,
aus der Chortitzer Kolonie Geld anzuleihen und fuer die hungernden Menschen und
Tiere Nahrung herbeizuschaffen. Die dadurch entstandene grosse Schuld ist bereits
getilgt. Das Geld hatte der Neuendorfer Kraemer Franz Thiessen fuer billige Prozente
hergegeben.
Dorfschulz: Groening.
Beisitzer: Toews, Huebert.
Schullehrer:
Abraham Friesen.
Schoenfeld, den 8, Mai 1848.
Quelle: "Unterhaltungsblatt
fuer deutsche Ansiedler im suedlichen Russland." 1852 Nr. 9-11