Die Ansiedlung begann im Jahre 1820, wo anfaenglich meistens
nur Stallungen fuer's Vieh erbaut wurden, in welchen auch die Ansiedler Unterkunft
suchten. Nur einige vermoegendere Leute errichteten sich Wohnhaeuser aus Luftziegeln,
die obgleich sie nicht so schoen wie die jetzigen waren, doch das kummervolle
Leben der Ansiedler bedeutend erleichterten. An Auschmueckungen wurde damals der
Armut wegen nicht gedacht; der jetzige Wohlstand hat sich erst nach mehreren Jahren
entwickelt.
Die Kolonie befindet sich an der Suedseite des Fluesschens Tschokrak,
welches aus Osten kommend und Steinbach durchschneidend in die Juschanlee muendet.
Im uebrigen befinden sich hier keine Niederungen, weshalb der Ertrag an Heu auch
sehr unbedeutend ist. Das Vieh wird im Winter meistenteils mit Stroh genaehrt.
Durch einige Haeckselmaschinen wird das Stroh fuer's Vieh schmackhafter gemacht.
Die Beschaffenheit des Bodens ist folgende: die Oberschicht ist 3 Fuss tief fruchtbare
schwarze Erde, dann folgt 8 Fuss tiefer gelber Lehm, weiterhin kommt Stein, weshalb
das 25 bis 35 Fuss tiefe Wasser nur mit vieler Muehe erreicht wird. Steinbrueche
befinden sich nur am Flusse Juschanlee, welcher im Norden die Grenze des Landes
bildet; das Suedende wird von der Nogaiersteppe begrenzt. Waldungen gibt es hier
ausser den auf den Wunsch des Kaisers Alexander I. angepflanzten keine.
Die
Benennung Pordenau ist von einigen Ansiedlern, welche aus einem gleichnamigen
preussischen Dorf stammten, auf diese Kolonie uebertragen worden.
Urspruenglich
siedelten sich hier 14 Familien aus dem Marienburgischen Kreise in Westpreussen
an, gleichzeitig gesellten sich zu ihnen noch 2 Familien aus der Molotschnaer
Mennonitenjugend, spaeter kamen noch 2 Familien aus dem Wohnorte der ersteren
und 2 Familien aus denjenigen der letzteren hinzu. (1855: 20 Wirtschaften, 35
Anwohnerfamilien, insgesamt 144 Maenner, 131 Frauen; 1857: 20 Wirtschaften, 119
Maenner, auf 1300 Desj. und 4 landlose Familien, 22 Maenner.) Das Land hatte damals
Johan Cornies in Pacht, welcher es an tatarische Herdenbesitzer weitergab. Die
eigenen aus dem Auslande gebrachten Mittel genuegten den Ansiedlern lange nicht
zur ersten Einrichtung, weshalb ihnen die Krone einen Vorschuss von 6268 R. 74
K. Banko gewaehrte. Bei einem Gewitter entzuendete der Blitz ein Haus und der
Hausvater verbrannte, wahrscheinlich vom Blitz getroffen, mit.
Der uebrige
Verlauf der Geschichte dieser Kolonie weist keine von denjenigen der anderen Kolonien
abweichenden Zuege auf.
Schulz Johann Duck.
Beisitzer: Jakob Epp, Isaak Barg.
Schullehrer
Wilhelm Martins.
Pordenau, den 15. April 1848.
Quelle: Odessaer
Zeitung. 42. Jahrgang, 1904, Nr. 208