Die Kolonie wurde im Jahre 1821 am linken Ufer des Steppenflusses
Bogoemtschukrak, 47 Werst von Orechow und 90 Werst von Berdjansk entfernt, gegruendet.
Das Land war damals unbewohnt und wurde von den Viehherden der angrenzenden Russen
und Nogaier beweidet. Die urspruengliche Niederlassung bestand aus 16 Familien,
wurde aber im Jahre 1822 noch durch 4 Familien verstaerkt. Erst 1844 kamen noch
einmal 2 und endlich 1845 und 1846 je eine Familie hinzu, so dass sie jetzt aus
24 Wirten besteht (1855: 24 Wirtschaften, 34 Anwohnerfamilien, insgesamt 187 Maenner,
155 Frauen; 1857: 24 Wirtschaften, 127 Maenner, auf 1560 Desj. und 7 landlose
Familien, 24 Maenner). Zehn von den ersten Ansiedlern waren aus den Bezirken Danzig,
Marienwerder und Marienburg mit verschiedenen anderen partienweise ohne besonderen
Fuehrer eingewandert und erhielten einen Vorschuss von je 560 bis 854 Rbl. Banko,
im Ganzen aber 7620 Rbl. Banko. Ihre aus dem Auslande hergebrachten Mittel bestanden
wesentlich nur aus je 2 Pferden und Wagen. Die anderen 6 der ersten Familien waren
in den aelteren Molotschnakolonien erwachsen und hatten ausser 2 Pferden und Wagen
nicht mehr als 200 Rbl. Eigentum. (Leider wissen wir nicht, ob diese Umsiedler
von ihren Heimatgemeinden aus unterstuetzt worden sind.)
Der Boden des Landes
besteht meistenteils aus leichter schwarzer Erde, stellenweise mit Lehm vermischt,
und ist zum Grasbau mittelmaessig, zum Getreide- und Gartenbau aber gut geeignet.
Den
Namen erhielt die Kolonie vom Vorsteher der damaligen Ansiedlungskommission Johann
Kornies, und zwar auf folgende Veranlassung: Da die angrenzende Dorfsgemeinde
Alexanderwohl auf ihrer Herreise vom Kaiser Alexander I. in Warschau beglueckwuenscht
wurde, gab man ihr den Namen Alexanderwohl. Kornies aber sagte: "Ihr habt
euch ebenso gut wie jene der Gnade des Landesvaters zu erfreuen und sollt deshalb
euer Dorf Gnadenheim nennen."
Im Jahre 1825 wurde ein 30 Fuss langes
und 28 Fuss breites Schulhaus von Luftziegeln erbaut. Als aber die Schuelerzahl
auf 50 heranwuchs und der Raum sich als zu eng erwies, so wurde im Jahre 1844
unter Leitung des landwirtschaftlichen Vereins, der sich die Verbesserung des
Schulwesens sehr angelegen sein liess, ein neues Schulhaus von gebrannten Ziegeln
und mit hollaendischen Dachpfannen gedeckt 54 Fuss lang, 32 Fuss breit und 10
1/2 Fuss hoch erbaut. 1829 wurde auf Verlangen der Behoerde das Vorratsmagazin
gebaut und 1836 unter Anleitung des landwirtschaftlichen Vereins die Garten- und
Waldanlagen begonnen. 1828 am 18. Maerz brannten die Gebaeude der Feuerstelle
Nr. 13 ab, 1832 am 8. April das Wohnhaus der Feuerstelle Nr. 20, 1842 den 28.
Maerz abends spaet, als alle Einwohner schliefen, in 1 1/2 Stunden bei starkem
Winde die Gebaeude der Feuerstellen Nr. 9, Nr. 8 und Nr. 7.
Seuchen, Heuschrecken
und Misswachs haben auch diese Kolonie mehr oder weniger stark mitgenommen.
Doch
ist unter der weisen Leitung der Obrigkeit und sonstiger tuechtiger Maenner, wie
Johann Kornies, auch hier so bald wie anderswo Wohlstand und Gedeihen eingetreten.
Schulz
Reimer.
Beisitzer: Schultz, Peters.
Schullehrer Franz Isaak.
Gnadenheim,
den 27. April 1848.
Quelle: Odessaer Zeitung. 42. Jahrgang, 1904,
Nr. 212