Industrie, Vorgeschichte

Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung



Preussen
Bei Danzig machten sich die Mennoniten mit Austrocknung der Suempfe durch Kanaele und
Schleusenbau verdient, wohin sie die Geschicklichkeit aus den Niederlanden mitgebracht
hatten.  Nach wenigen Jahren waren sie laengs der Weichsel bis Warschau zu mit dieser Arbeit
beschaeftigt, ebenfalls laengs der Pregel und Memel im damaligen Herzogtum Preussen.  Dieser
Umstand zog sie in grosser Anzahl aus den Niederlanden nach Polen hin, dessen Regierung sie
nicht nur in ihrer Glaubensuebung duldete, sondern ihnen auch ganze Bezirke solcher Suempfe
laengs obigen Fluessen zum Erbeigentum verlieh, die sie nach und nach urbar und zu
fruchtbaren Grundstuecken umschufen.
Sie machten sich fette Viehweiden durch Einfuehrung des hollaendischen Klees, sie schafften
sich hollaendische Kuehe auf diesen Triften an, die ihnen mehr als das doppelte des Ertrages
gegenueber den einheimischen Kuehen einbrachten.  Ihre reinlichen hollaendischen Kaese und
Butter fanden stets Absatz; mit einem Worte, sie wurden reiche Landwirte und ihr Beispiel
verbreitete Segen auch unter ihren einheimischen Nachbarn, die es ihnen jedoch nie gleichtun
konnten.  Ihre Haeuser zeichneten sich ueberall aus, nicht durch einen Anstrich, sondern
durch Sauberkeit und Bequemlichkeit, ihre Felder durch Getreide- und Graswuchs und ihr Vieh
durch huebschen Wuchs und Farbe.
In solch ausgezeichnetem zustande fanden die Russen in dem Siebenjaehrigen Kriege die in den
drei Werdern bei Danzig, Marienburg und Elbing gelegenen Landwirtschaften unserer Vorvaeter
an.  Sie fielen den Feldherrn, hochverdienten Maennern, die Grafen Rumjanzow - Zadunajskij
u. a. auf und bewogen sie, sich ueber alle Gegenstaende genau zu erkundigen.  Dieser Zufall
gab die erste Veranlassung zur nachherigen Auswanderung der Mennonieten nach Russland.

Einladung und Ansiedlung
Als die hohe Regierung beschloss, Auslaender zu der Ansiedlung in die suedrussischen Steppen
zu berufen, brachte seine Erlaucht der Graf Rumjanzow auch die Mennonieten zum Vorschlag.
Das geschah mit so ruehmlichem Zeugnis, dass die hochselige Kaiserin Katharina II. es sich
nicht nehmen liess, ihren bevollmaechtigten Beamten fuer das Geschaeft der Einladung von
Auslaendern, Major von Trapp, mit noch einem besonderen Auftrage an die Mennonieten in
Danzig allergnaedigst zu versehen.
Die Mennoniten hatten den Ruf als ausgezeichnete Handwerker und Bauer,  und um sie nach
Russland zu locken bekamen sie von der Regierung z.B. 2 mal mehr Geld und Land als die
deutsche Lutherahnen.. Und spaeter in den russischen Statistiken wurden die Mennoniten
getrennt von anderen Deutschen aufgefuehrt.
Im Oktober 1786 reisten zwei Bevollmaechtigte der Mennoniten, Jakob Hoeppner und Johann
Bartsch nach Russland ab, um in den Steppen von Suedrussland ein bequemes Stueck Land zur
Ansiedlung aufzusuchen.  Sie hatten sich zur Ansiedlung die Gegend bei Bereslaw, gewaehlt,
dort, wo der Weg zur Krim vorbeifuehrt und wo sich die zwei Fluesse Dnjepr und Konskaja
vereinigen, in denen die zwei an Gras- und Gehoelzwuchs reichen Inseln Tawan und Karro teils
zu ihrem Gebiet gehoeren sollten.
Die Ansiedlung im Jahre 1789 in der versprochener Gegend bei Bereslaw wurde vom Fuersten
Potemkin, der damaligen Kriegsbewegungen halber, verweigert und sie mussten den Bezirk von
Chortitza annehmen. Es war  ein sandiger Boden der von  tiefen Schluchten und Taelern
ueberall durchschnitten war, welche die Landwirtschaft ungemein erschwerten.  Die Baeche in
manchen Fruehlingen oder nach starken Platzregen, eine grosse Masse Wasser in den Dnjepr
ergiessen, im Sommer aber ganz austrocknen.

Anfang in Russland
Die Enttaeuschung war so gross, dass manche Mennoniten sich jahrelang  weigerten dauerhafte
Haeuser zu bauen, in der Hoffnung  das die Regierung Sie nach Bereslaw umsiedeln erlaubt.
Dazu kam noch, das die versprochen Gelder fuer den Aufbau von der Regierung, durch die
korrupte Buerokratie nicht rechtzeitig und manchmal auch ueberhaupt nicht ankamen. Das alles
sorgte fuer Unzufriedenheit und Unruhen, Hoeppner und Bartsch wurden fuer alles beschuldigt.
Eine Inspektion der Regierung im Jahre 1797 fand die Entwicklung der Kolonie als
"enttaeuschend". Die Lage aenderte sich als 1824, der  leichte Sandboden von Chortitza am
besten genutzt wurde - Isaak Toews, Oberschulze, bestimmte  2343 Desjatinen (ueber 6000
ackre) fuer die Schafzucht. Dies betraf direkt die Spinnerei, Weberei und die Faerberei.
Aber im Laufe der Zeit lernte man diesen Boden nutzen und die Getreideverarbeitung hatte
wieder Vorrang.
In 70 Jahren von 1830 bis 1900 hatte sich der Preis fuer den Zentner Weizen verzehnfacht.
Seine goldenen Jahren verdraengen die gruenen Weiden des Viehs und  Schafe, die vor 70
Jahren den Hauptbesitz der Mennonieten ausmachten, gab es kaum noch, Rinder hatte jeder
meist nur 5 bis 6 Stueck. Aus Viehzuechtern waren Weizenbauern geworden. Von den
Mennonieteschen Siedlungen rollten die Kornfuhren vor allem zum Hafen Berdjansk und liessen
ihren goldenen Segen in die Ladeluken griechischer, italienischer und englischer Dampfer
rauschen. Seit den 70er Jahren stellte man sich auf den Anbau von Winterweizen um. Das
brachte neben einer laengeren Vegetationsperiode den Vorteil mit sich, dass der Acker bei
Eintritt des Winters mit einer gruenen Matte ueberzogen war, die die kostbare
Winterfeuchtigkeit besser zurueckhielt und verhinderte, dass die Steppenstuerme die
wertvolle Ackerkrume fortwirbelten.
Statt des Geklappers der Dreschflegel hoerte man jetzt auf aIIen Hoefen das tiefe Brummen
der Dreschmaschinen. Sae- und Maehmaschinen ersetzten die menschliche Arbeitskraft. Die
Gespannknechte und Maegde waren meistens Russen aus den benachbarten Russendoerfern, die bei
ihren verhaeltnismaessig geringen Anspruechen dem mennonitischen Bauern willige
Arbeitskraefte stellten.



Quellen: 1. Die Russlandsmennoniten. Ein Volk unterwegs. Horst Gerlach. 1992. Pfalz
         2. Ersten Mennoniten Doerfer Russlands 1789-1943. N.J. Kroeker, 1981. Vancouver
         3. Otscherki istorii nemzew i mennonitow juga Ukrainy. S. I. Bobylewa. 1999.
            Dnepropetrowsk





Zuletzt geändert am 9 Juli 2002