Brief von Abr. Unruh aus Saborowka, Pawlodar in der Mennonitischer Rundschau vom 11. Juni 1913, Seite 14

 

Abgeschrieben von Heinrich Schartner (Email), alle seine Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 11. Juni 1913, Seite 14. (gotisch) von Elena Klassen.

 

Saborowka, Pawlodarer Kreis, Sibirien, den 24. April 1913.
Werter Editor!
Friede zum Gruß. Da unser lieber Schwager Andr. H. Buller, Montana, in No. 12 der Rundschau, Seite 9 auch uns in Sibirien erwähnt, so möchte ich ebenfalls durch die Zeilen dieses Blattes ein Lebenszeichen von uns geben. Es ist so, daß wir etwas schweigsam gewesen. Ich habe mich wohl in den sechs Jahren unseres Hierseins zweimal hören lassen, habe auch beide Male Antwort erhalten und Katharina F. Unruh hat nach Empfang des Geschenkes auch Antwort gesandt; selbige hat womöglich nicht den richtigen Weg durch den Ozean gefunden. - Ich möchten diesen Bericht deshalb in den Spalten der Rundschau veröffentlich sehen, damit es alle unsere Freunde, Bekannte und Geschwister erfahren. Jedem einzelnen zu schreiben ist etwas mühevoll.
Was die Veränderung in unserer Familie betrifft, so ist es erstens, daß unser lieber Schwager David Schartner in Karpowka, Barnauler Kreis, gestorben ist, und zwar am 20. November 1912, 4 Uhr nachmittags, nach einer dreiwöchentlichen Krankheit im Alter von 68 Jahren, 5 Monaten und 13 Tagen. Das Begräbnis fand am 25. November statt. Er hinterlies eine Witwe mit 11 Kindern am Leben, von denen aber 3 Söhne und 1 Tochter von der ersten Ehe waren, und 6 Söhne und 1 Tochter von der letzten. Erstere sind alle verheiratet, von den andern ist ein Sohn verheiratet.
Der zweite Ritz, der in jüngster Zeit in unserer Familie geschehen, ist, daß unser lieber Bruder Jakob Unruh ebenfalls ein Bewohner der Ewigkeit geworden ist. Er starb am 6. März 1913 an einem Herzleiden. Er war schon über ein Jahr kränklich. Er wurde begraben am 9. März. Er war alt geworden 47 Jahre und 6 Tage. Im Glauben an seinen Erlöser hat er 28 Jahre ihm vertraut. Er hinterläßt zwei Töchter, Anna und Maria. Erstere verheiratete sich einige Monate vor seinem Tode, welches ihm noch besonders die Sorge, wie es mit seinen Kindern werden sollte, erleichterte. Zwei Söhne waren ihm in die Ewigkeit voraus gegangen. Im Ehestand hatte er 10 Jahre und 8 Tage gelebt, im Witwenstand aber 12 Jahre und 5 Monate.
Daß unsere liebe Schwägerin Frau Friedrich Unruh gestorben, habt ihr womöglich schon erfahren. Sie starb im Januar 1912. Nun möchte ich kurz mitteilen, wo sich unsere Geschwister alle aufhalten, und wenn es dem lieben Editor nicht zu lang wird, so möchte ich auch die richtige Adressen senden:
Wir, Abr. Unruhs, Friedrich, Adam und die Kinder des Jakob Unruh wohnen in einem Dorf. Die Adresse ist: (Name), Kol. Saborowka, Post Pawlodar, Semipalat. Obl., Sib. Eisenb., Russia.
Johann Unruhs wohnen mit ihren Kindern in Kleefeld. Ihre Adresse ist: (Name) Kol. Kleefeld, Wol. Orlowsk., Sib. Eisenbahn, Post Slawgorod, Kreis Barnaul, Gouv. Tomsk, Russia. Schw. Dav. Schartner mit ihren Kindern ebenso, nur statt des Dorfnames Kleefeld schreibe man: Karpowka.
Heinrich Unruhs wohnen in Podolsk. Ihre Adresse ist: (Name), Kol. Podolsk, Sam. Orenb. Eisenb., Post Pleschanow, Gouv. Samara, Russia.
Tobias Unruh wohnt in Waldheim. die Adresse ist: (Name), Kol. Waldheim, Post Waldheim, Gouv. Taurien, Russia. Der Letztere ist Teilhaber einer Maschinenfabrik, die anderen treiben alle Landwirtschaft. Soviel ich weiß, sind alle gesund.
Was die Ernte des Jahres 1912 anbelangt, hatten wir eine gute Ernte zu verzeichnen. Weizen gab es 80 bis 100 Pud von der Desj.; Gerste und Hafer bis 120 Pud. Kartoffeln gab es sehr viel. Der durchschnittliche Preis des Weizens ist von 65 bis 77 Kop. per Pud.
Der Winter war dieses Jahr gelinde; Schneesturm war weniger ais sonst. - Schnee war viel. Tauwetter trat ausgangs Märzmonat ein. mit der aussaat haben wir erst nach ostern angefangen.
Die russischen Dienstboten sind hier teuer und nur selten zu haben. Von 45 bis 100 Rubel für einen Diensttermin von etwa sechs einhalb Monaten. Es ist auch kein Wunder, denn sie sind eben auch aus dem Grunde nach Sibirien gezogen, weil sie wünschten, von der Dienstbarkeit frei zu sein.
Bitte, uns auch eure Adressen zu senden. Und sollten Peter Unruh die Rundschau nicht lesen, so möchte A.B.
ihm diesen Bericht zusenden und ihn aufmuntern, zu schreiben!. Noch einen herzlichen Gruß mit Ebr 4. Abr. Unruh.

 

 

Bemerkungen von Heinrich Schartner:

Der Autor – Abraham Abr. Unruh (#1142292), seit 1907 einer der ersten Bewohner von Saborowka, Pawlodar, Leitender der Mennoniten Brüder Gemeinden der Pawlodarer Ansiedlung (13 Dörfer) und ab 1913 Stellvertreter des Ältesten Jakob Wiens.

Andreas H. Buller (#282258), Montana, USA, war verheiratet mit Autors Schwester - Agneta Abr. Unruh (#283004).
Katharina F.Unruh – ist die Nichte von Abr. Unruh, die Tochter von Friedrich Abr. Unruh (#1142990).
Am Ende des Briefes erwähnter Peter Unruh (#288649) – dem Autor sein ältester Bruder, wohnte auch in USA.

Erst aus diesem Brief haben wir jetzt die Gebuts- und Sterbedaten von David Schartner (#284423), geb. 07.Juni 1844 in Karolswalde, Kreis Ostrog, Wolhynien, gest. 20. November 1912 in Karpowka, Altai. David Schartner – Sohn von Friedrich Schartner und Maria Jantz – war in zweiter Ehe mit Anna Abr. Unruh (#350695) verheiratet.

Alle Geschwister von Abr. Unruh und Kinder des David Schartner sind in der GRANDMA eingetragen.

   
Zuletzt geändert am 20 März, 2017