Briefe von Maria Kröker, Bogomasowo, Neu Samara, und von Abraham Teichrew, Kuterlja, Neu Samara in der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 22. November 1922, Seite 13-14

 

Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau) (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 22. November 1922, Seite 13-14. (gotisch) von Lydia Friesen (geb. Esau).

 

 

Werte Hilfskommission.
Da ich auch in Amerika Freunde habe, sie aber nicht finden kann, so bringe ich meine Adresse und bitte, bitte recht dringend, ja im vollen Vertrauen, nicht leer zurückzukommen. - Vielleicht bei einem Freunde eine kleine Gabe für eine hungrige Familie zu erbitten. Meine zwei Söhne sind in der Revolution verschwunden. Sie waren ohne Waffen. Ich bin eine geborene Maria Andreas Ratzlaff, stammend aus Liebenau. - Danke im Voraus. - Gott vergelte es allen hundertfältig.
Witwe Maria Kröker, Kolonie Bogomasow, Post Pleschanow - Gouv. Samara.

 

 

Werter Editor!
Meine sich immer verschlimmende Lage zwingt mich, Sie abermals zu bitten einen Brief in die Rundschau aufnehmen zu wollen. Vielleicht daß auf diesem Wege mir Hilfe zukommt. Möge der Herr die Herzen lenken, damit mir geholfen werde! Ihr dankbarer A. Teichrew.
Meine ganze Familie ist durch anhaltendes Hungern gänzlich entkräftet, und die größten Anstrengungen reichen kaum aus, uns aufrecht zu halten. Wir wissen nicht, wie wir alles überstehen werden können. Es ist unmöglich, den Hunger zu tragen und wo ist Hilfe. Die Kinder schreien nach Brot. Es ist unsagbar schwer für die Elternherzen, das Hungern und Frieren der unschuldigen Kinder anzusehen, und nichts zur Linderung tun zu können. Wir bitten daher, Ihr lieben Freunde in Amerika, die ihr zu leben habt und den Hunger nicht kennt, teilt doch uns etwas mit, damit wir erhalten bleiben. Nur wer es erfahren, wird unsere Lage verstehen, Worte sind nicht ausreichend. Ich habe Verwandte in Amerika, vielleicht ein oder andere findet sich. Klaas Heide, Blumenort, B.O. Gretna, Canada, oder seine Verwandten, wenn er gestorben. Er war ein Bruder meiner Großmutter, der Großvatrer hieß Abraham Schmidt, Johann Jakob Berg, B.O. NorthStar, Man. Frau Berg ist meine Tante, väterlicherseits. Dann sind meine Onkel, Jakob Abraham Teichrew und Peter Abraham Teichrew nach derselben Adresse. Meine Frau hat dort ebenfalls Verwandte: Isaak Johann Klassen stammend aus Osterwick, seine Frau eine geborene Sudermann. Sie hat dort noch mehr Verwandte. Mutterseits ein Onkel Johann Unruh, stammend aus Wolinien. Seine Schwester Helena verheiratet mit Dav. Joh. Klassen, Osterwick, war die Mutter meiner Frau. Vielleicht kann ein lieber Leser Auskunft geben, wo die genannten sich befinden, und ihnen von unserer Lage mitteilen. Sollten die Verwandten nicht zu finden sein, so erbarme sich unserer ein anderer. Helft uns! Stillet unsern Hunger und schützet vor Frost, wir sind von allem entblößt. Verschaft uns eine Möglichkeit, diesem Elend zu entrinnen. Gebt uns die Möglichkeit, durch die Arbeit unserer Hände, uns zu ernähren, denn Gnadenbrot, ist bittres Los. Können wir eine Freikarte erhalten - ? Und eine Zuzugsgenehmigung für Amerika -. Ich bin Lehrer und Landwirt. Mein ältester Sohn hat ebenfalls schon drei Jahre als Lehrer gearbeitet, wir haben beide Mittelschulbildung. Die Familie besteht gegenwärtig aus zehn Seelen. Verhelft uns zur Auswanderung, helft uns über die Grenze, da wir es nicht mit eigenen Mitteln können, damit wir hier nicht umkommen. Wir werden die Schuld mit Gottes Hilfe abtragen. Grüßend A. Teichrew.
Meine Adresse: Post Pleschanov Gouvernement Samara, Kolonie Kuterla Russia. Unsere Bahnstation ist: Sorotschinskaja (Taschkenter Eisenbahn Station).

 

 

Bemerkungen von Lydia Friesen (Esau):

Abraham Abraham Teichrew (17.06.1878 - 1934) (#707095)
Helena David Klassen (30.09.1881 - 15.08.1926, Kantserovka, Orenburg) (#707094), Tochter von:

David Johann Klassen (24.07.1858, Osterwick, Chortitza - 1914, Pologie) (#228270)
Helena Unrau (8.08.1858, Ostrow - 1905, Halbstadt, Molotschna) (#375100)

   
Zuletzt geändert am 28 August, 2019