Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 26. April 1905, Seiten 5 und 6. (gotisch) von Lydia Friesen (geb. Esau).
Krassikow, Samara, den 14. März 1905. Hatte mich schon eine zeitlang mit dem Gedanken herumgetragen, wieder einmal den vielen Freunden, Verwandten und Bekannten ein Lebenszeichen zukommen zu lassen, und ich wurde in letzter Zeit durch zwei Aufsätze in der "Rundschau" No. 7 und 8 veranlaßt, solches in Ausführung zu bringen.
Wenn wir nicht irren, stammen die bennanten Aufsätze aus der Feder unserer sehr nahen Verwandten, nämlich in No. 7 unterschrieben, Elisabeth J. Wiens, Bist Du, liebe Elisabeth, meiner Schwester Tochter? Dann berichte uns doch viel von Deinen lieben Eltern J. Wiensen. Wohnt ihr nicht mehr in Minnesota? (Nein. - Ed.) Wenn wir einmal einen tüchtig langen Brief erhielten, würde es uns sehr erwünscht sein. Daß unsere Schwester Gäddert in Libenau den 25. Mai vorigen Jahres gestorben ist, werdet ihr schon erfahren haben. Bitte, schreibt uns doch, denn ich habe nur Bruder und eine Schwester am Leben, wollen uns noch durch Briefe erfreuen. Der andere Aufsatz in No. 8, unterschrieben von Jakob und Helena Schierling, ging uns nicht weniger nahe an, weil diese Helena Schierling meiner Frau Schwester ist, nicht wahr? Wenn unserer in den Aufsätzen auch nicht mit einer Silbe gedacht wird, so klingt uns doch die Unterschrift immerhin schön, weil wir dadurch ein Lebenszeichen haben.
Muß noch bemerken, daß unsere Ansiedlung unlängst von drei lieben Evangelisten besucht wurde, nämlich: Pordie aus Reval, Grub von Irland, (ein Engländer) und Günther von Vorwark Juschanlee, Molotschna, und soeben hatten uns diese drei Brüder verlassen, dann waren wieder zwei andere hier, nämlich Prediger Nachtigal von Neukirch und Gerhard Reimer, Alexanderkron, ein Bruder des Jakob Reimer, Rückenau.
Wir lesen in der "Rundschau" No. 7 von einer merkwürdigen Erweckung in Wales, eine Provinz Englands, veranlaßt durch einen gewissen Evan Roberts, über welchen ferner bemerkt wird, daß er brennend Feuer in seinen gebeinen ist u.s.w.
Wir könnten letzteres von oben erwähnten fünf Brüdern auch glauben, denn sie haben hier am Ort in den Schulhäusern solche von Geist und Liebe durchdrungene Predigten gehalten, welche ihren Zweck nicht verfehlen können. Und dann hatten sie die schöne Sitte, am Schluß ihrer ergreifenden Predigten aufzufordern, wem es um selig zu werden, ernst sei, möge es durch Aufstehen zu erkennen geben, und es hat sich eine manche Seele ausgeliefert, sich für den Herrn Jesum zu entscheiden. Solche Seelen wurden dann zurückgehalten und wurde mit ihnen und für sie gebetet.
Merkwürdig ist es, wie in letzter Zeit so dringend eingeladen wird, sollte etwa bald der letzte Zug abgehen? Alle Umstände sprechen dafür!
Der Gesundheitszustand ist hier diesen Winter nicht aufs beste gewesen, denn manche Kinder sind ein Opfer des Scharlachfiebers geworden, und manche Alten haben gekränkelt, so auch der alte Franz Görzen, früher Franzthal, liegt auch auf dem Siechbett darnieder.
Die Witterung zeigt hier noch immer nicht den nahen Frühling an, weil das Thermometer morgens gewöhnlich noch 15 bis 20 Grad Frost anzeigt.
Den Geschwistern meiner Frau diene zur Nachricht, daß sie noch immer viel Schmerzen an ihrem kranken Fuß auszustehen hat, wir müssen jede Woche einmal zum Arzt fahren und den Fuß beizen lassen. Haben übrigens nicht zu klagen, weil wir eine ziemlich gute Ernte hatten.
Muß zum Schluß eilen, um nicht ganz zu langweilig zu sein. Noch herzliche Grüße an alle lieben Freunde, noch besonders an meinen lieben alten Onkel David Buller - lebt er noch? Bernh. Ratzlaff, Jansen, Neb., diene auf seine Anfrage zur Nachricht, daß sein Halbbruder Tobias Ratzlaff schon lange tot ist und Johann Ratzlaff wohnt hier in Dolinsk.
Auch den lieben Editor grüßend, und um Aufnahme obiger Zeilen bittend, unterzeichnen sich achtungsvoll
Jak. u. Elisabeth Janzen.
Bemerkungen von Lydia Friesen (Esau):
Jakob Johann Janzen (Ca. 1841, Pastwa, Molotschna, South Russia - 1910, Krassikowo, Neu Samara, Russia) (#39436).
Elisabeth Benjamin Buller (Ca. 1848, Landskrone, Molotschna, South Russia - Sep 1905, Sorotschinsk, bei Neu Samara, Russia) (#32754).
Brief von Jakob und Elisabeth Janzen, Krassikov, Samara. In der "Mennonitischer Rundschau" vom 1. März 1899. Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau).
Brief von Jakob Janzen, Kraßekow, Samara. In der "Mennonitischer Rundschau" vom 6.12.1899. Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau). |