Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 1. Mai 1901, Seite 2. (gotisch) von Lydia Friesen (geb. Esau).
Dolinskoje, den 13 März 1901. Weil ich durch meine Trägheit im Briefschreiben so gar sehr in Schulden geraten bin, und fühle, daß es meine Pflicht ist, allen lieben Freunden, die in Amerika und auch in Rußland wohnen, Auskunft von uns zu geben, umsomehr, da wir unser Heim gewechselt haben, so nehme ich die Zuflucht zur "Rundschau", die ja mit Recht von vielen ein teurer und zuverlässiger Bote gennant wird. Dann, denke ich, werde ich mit einem Schlage den größten Teil meiner Schuld erledigen.
Berichte denn, daß wir und Geschwister Pet. Penners von Kronberg, wo wir so lange wohnten, nach Samara gezogen sind. Wir haben hier jeder eine Wirtschaft von 40 Deßj. Land gekauft. Seit dem 25. Mai 1900 wohnen wir hier. Obwohl wir nicht selber gesät hatten, haben wir doch eine gute Ernte gehabt. Wie ist die Zeit so schnell verflossen; kaum sind wir hier, und doch sind schon beinahe 10 Monate seit unserem Hiersein zurückgelegt. Auch der von vielen gefürchtete, strenge Winter ist nun überstanden. Zwar haben wir noch viel Schnee, aber die Märzsonne schmilzt ihn doch Tag für Tag mehr zusammen, so daß das "Schlechtfahren" vielleicht bald aufhören und das ganz "Unpassierbare", sich nächstens finden kann, weil die Pferde schon jetzt oft im tiefen Schnee einfallen. Die Kälte war auch mitunter ziemlich streng, einige Tage bis 35 Gr. Reamur, aber doch gut zu ertragen, weil dann kein Wind ist. Aus eigener Erfahrung kann ich diesen Winter noch nicht ganz beschreiben, weil ich einen Teil desselben in unserer eigenen Heimat, wohin Schwager Penner und ich geschäftshalber reisten, zugebracht. Wir fuhren am 8. Januar und kamen 23. Feb. nach Hause. Abgesehen von dem langen schneereichen Winter und kurzen regnerischen Sommer, wie wir´s erlebt haben im vergangenen Jahre, gefällt es uns hier sehr gut, überhaupt fühlen wir uns sehr glücklich. Krankheiten sind nicht ganz ausgeblieben. Influenza hat im Vorwinter, wie fast überall, so auch in unserem Hause Einkehr gehalten, jetzt aber sind wir, Gott sei Dank, alle schön gesund. Geschw. Peter Penners sind auch gesund, aber sein Bruder Abraham, der bei Ihnen ist, und schon mehrere Jahre ein krankes Bein hat, ist den ganzen Winter meistens in der Stube gesessen, oft sogar bettlägerig gewesen un kann, wenn es aufs beste ist, nur bei Krücken gehen. Ist aber sehr geduldig in seinen Leiden.
Habt großen Dank, ihr l. Schwager, Joh. und Peter Quiring, für eure Mitteilungen in der "Rundschau". Wünsche dem alten Onkel, eurem Vater, viel Kraft und Beistand von Gott für sein hohes Alter. Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi sei mit ihm bis ans Ende, wie sie es bisher gewesen ist. Onkel Franz Quiring wohnt mit seinen Kindern Joh. Fast und Jak. Löwen in der Krim. Gerhard Neufelds wohnen hier in unserem Dorfe. Diese haben auch ein schweres Kreuz zu tragen, indem ihr ältester Sohn Peter, von acht jahren, nicht gehen kann, warscheinlich auch nie gehen wird. Die anderen drei Kinder sind gegenwärtig gesund.
Schwager Pet. Abr. Penner, (früher Landskrone) wünscht die Adresse seines Onkels Abrah. Reimer, (früher Steinfeld) zu erfahren.
Herzlichen Gruß an alle Leser, Dav. Warkentin.
Dolinskoje, Station Sorotschinskaja, Gouv. Samara.
Bemerkungen von Lydia Friesen (Esau):
David Warkentin (1855-?), Sohn von David Dirk Warkentin (29.08.1826, Altonau, Molotschna - ?) (#60523), seine erste Frau war:
Anna Jakob Quiring (1858 - 13.06.1922, Dolinsk, Neu Samara), Tochter von Jakob Quiring (Abt 1827, Grossweide, Molotschna - 31.03.1899) (#61942) Foto
Die zweite Frau von David Warkentin war Katherina Delesky (26.06.1859 - 19.06.1924, Bogomasowo, Neu Samara) (642113)
Geschwister Pet. Penners:
Peter Abraham Penner (vor 1870 - April 1909, Dolinsk, Neu Samara)
Maria Jakob Quiring (vor 1872 - Jan 1904, Dolinsk, Neu Samara), Tochter von Jakob Quiring (Abt 1827, Grossweide, Molotschna - 31.03.1899) (#61942) Foto
Schwager, Joh. und Peter Quiring:
Johann Peter Quiring (10.11.1844, South Russia - 5.03.1905, Mountain Lake, Minnesota) (#56743)
Peter Peter Quiring (24.01.1854, Grossweide, Molotschna - 27.01.1936, Mountain Lake, Minnesota) (#56744)
Onkel Franz Quiring wohnt mit seinen Kindern Joh. Fast und Jak. Löwen in der Krim:
Franz Peter Quiring (ca 1830, Grossweide, Molotschna - ?)(#61943)
Sara Franz Quiring (21.11.1870, Pordenau, Molotschna - 22.05.1943, Rosemary, Alberta) (#1024853)
Jakob Johann Loewen (3.03.1871, Marienthal, Molotschna - 5.06.1950) (#1024852)
Brief von D. Warkentin, Dolinsk, Samara. In der "Mennonitischer Rundschau" vom 7.11.1906. Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau).
In diesen Kopien von der "Mennonitische Rundschau" sind zwei Briefe von David Warkentin, als er noch in Kronberg wohnte:
Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 7. Dezember 1887, Seite 2. (gotisch) von Willi Janzen.
Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" Nr. 48, vom 26. November 1890, Seite 1. (gotisch) von Elena Klassen. |