Bericht von David Dürksen, Margenau, Molotschna, über seine Reise nach Samara und Ufa, aus der "Mennonitische Rundschau" vom 19. Dezember 1894, Seite 2

 

Abgeschrieben von Lydia Friesen (geb. Esau) (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 19. Dezember 1894, Seite 2. (gotisch) von Lydia Friesen (geb. Esau).

 

Bei den Mennoniten in Samara und Ufa.

Margenau, Südrußl. 3. Nov. 1894.

Durch die Gnade Gottes durfte ich in Gemeinschaft mit Br. Isaac Friesen von hierselbst den 19. Sept. d. J. eine Reise zu unsern Mennoniten=Brüdern im Gouvernement Ssamara und Ufa antreten. Nachdem wir in vier Mal 24 Stunden ca 2000 Werst per Eisenbahn zurückgelegt hatten, durften wir noch 100 Werst per Achse und der Landpost glücklich und wohlbehalten zurücklegen und so hatten wir unser erstes Reiseziel, Marienthal im Gouv. Ssamara, glücklich erreicht. Den 24. Sept. kamen wir dort an. Das war eine angenehme Ueberraschung für die dortigen Geschwister und ein frohes Wiedersehen für uns alle. Vier Tage weilten wir dort, uns mit den Fröhlichen freuend und mit den Weinenden weinend und das Evangelium verkündigend; und unsere Arbeit in dem Herrn ist nicht vergeblich. Von den dortigen Geschwistern der Gnade Gottes befohlen und von einigen Brüdern 75 Werst gefahren und begleitet, kamen wir den 30. Sept. wieder zur Eisenbahn und auf derselben den 1. Oct. zu unsern Brüdern ins Gouv. Ufa. Von der Station Dawlekanowa wurden wir durch Br. Franz Klassens Sohn abgeholt. Dort wohnen auch die Geschw. Bärg, Abraham Neufeld und Isaac Braun von Herzenberg; ebenfalls einige Geschwister von Sagradowka. Im Hause des Br. Franz Klassen hatten wir Sonntag den 2. Oct. eine vom Herrn gesegnete Versammlung und am Nachmittage die Einweihung seines neuen Wohnhauses. Der Einweihungstext lautete: "Ich aber und mein Haus wir wollen dem Herrn dienen." Schreiber dieses glaubt, daß der text in dem Hause geübt wird. Den von Paulsheim dorthin gezogenen Franz Regehr besuchten wir dort auch. Er war auf dem Krankenlager, und ist bald nachher gestorben. Gott wird sich der Witwe und Waise auch dort, ferne von ihren Verwandten,
gewiß annehmen. Uebrigens wohnen dort im Ufaschen Gouvernement bereits 48 Familien von unsern lieben Mennoniten=Brüdern. So sagte man uns dort. Der letzte Besuch dort galt den l. Geschw. Abraham Peters von Sagradowka. Br. Peters fuhr uns zur Station Dawlekanowa, von wo aus es nun auf der Bahn bis zur Station Kinelly dem Knottenpunkt der Orenburger und Sisrano=Tscheljabinsker=Bahn, und dann auf der Orenburger Bahn bis Sorotschinskaja ging. Dort kamen wir den 5. Oct. 4 Uhr Morgens an und wurden von den Brüdern Abraham Neufeld, Ischalka (fr. Hamberg), und Peter Riediger, Pleschanowsk (fr. Alexanderkrone), begrüßt. Letzterer nahm uns mit in sein Haus. Die Entfernung von Sorotschinska bis zu der Ansiedlung unserer Mennoniten=Brüder dort beträgt etwa 50 Werst. Dort wohnen unsere Leute in den Dörfern: Pleschanowsk, Lugowsk, Podolsk, Krassikow, Kamenetzst, Kuterlja, Bogomasoff und Ischalka. Das letztgenannte Dorf ist nicht von den Bezirksgemeinden, sondern von Privatpersonen angekauft. Beinahe alle diese Dörfer grenzen mit ihrem Lande an den Tock, einem schönen Flüßchen in welchen viele Fische und sogar Wels leben. Ihre Grenznachbarn sind Russen und Baschkiren. In dieser Gegend waren wir 19 Tage. Wir besuchten alle diese vorher gennanten Dörfer, in kleinern und größern Versammlungen, in Schulen und Häusern von Jesu erzählend.
Die Mennoniten=Brüdergemeinde zählt auf der neuen Ansiedlung im Gouv. Ssamara bei 200 getaufte Mitglieder. Sie hat ein Bethaus beim Dorfe Lugowska, welches etwa 600 Zuhörer faßt. Die Brüder Daniel Friesen, Jacob Bergen, Abraham Martens und Andere verkündigen Gottes Wort. Br. Jacob Fast ist Armenpfleger, Br. Jacob Fast (fr. Tiegerweide) Leiter des Sängerchors, die Brüder Bernhard Klassen und Jacob Löwen sind Sonntaglehrer. Ein Schwester= und Arbeiterverein besteht auch durch die Gnade Gottes. Der Bau des Reiches Gottes geht dort, wenn auch in schwerer Zeit - d. i. im materieller Beziehung - im Segen von statten. Was überhaupt von der irdischen Angelegenheit im Ufaschen Gouv. und auf der neuen Ansiedlung im Gouv. Ssamara gesagt werden muß, ist nach unserm Urtheil nicht sehr erfreulich. Es ist sehr viel und recht schönes Getreide gewachsen, aber das Wetter zum Einheimsen der Feldfrüchte fehlte, so das wohl nur 1/3 des Ganzen gedroschen ist; wiewohl es Einigen mit großer Anstrengung gelungen ist alles auszudreschen; dagegen haben wieder Andere fast gar nichts gedroschen. Vieles ist feucht zusammen gefahren, und hat daher schon immer einen geringen Werth. Im Ufaschen Gouv. haben wir sogar großer Felder ungemäht stehen, während schon Schnee dalag. Tröstlich war es uns, von den Urbewohnern hören zu dürfen, daß die Witterung nicht immer so sei, sondern daß es in 50 Jahren zum zweiten Male sich so gemacht habe. - Die Leute haben also nicht Grund allen Muth zu verlieren, sondern auf Gott zu vertrauen, weil Seine Hand alles ändern kann. Br. Wilhelm Giesbrecht und Bernhard Harms waren so freundlich und fuhren uns per Schlitten nach der Eisenbahn. Den 25. Oct. bestiegen wir bei Sorotschinskaja den Zug und kamen den 29. glücklich und wohlbehalten zu Hause an. Wir haben in den verflossenen 41Tagen 4908 Werst per Achse zurück gelegt. Gott hat uns bewahrt. Ihm sei Ehre dafür. 57 Mal hatte ich gelegenheit in Versammlungen von Jesu zu erzählen. In achtzig Häusern suchte ich Freude und Leid mit den Geschwistern zu theilen. Indem ich Alle grüße, die wir besuchten, danke ich für alle Liebe, die man uns reichlich bewiesen, für das brüderliche Entgegenkommen und für alle Mühe, die man sich mit uns machte. Wir empfehlen uns der Fürbitte alle Kinder Gottes in Marienthal, Liebentahl, Grotsfelde, Kaisersgnade und Ssamara; und somit verbleibe ich euer geringer Mitpilger nach Zion, (Zionsbote.)
David Dürksen.

 

 

Bemerkungen von Waldemar Penner:

На Фотографий:..Хор общины меннонитов село Луговск и Давлеканово при освещении молитвенного дома в Луговске. Дирижер Корней Нейфельд. Впереди справа проповедники Давид Дерксен и Давид Шелленберг. 1901 г.

В 1901 г. в Луговске, на северной стороне села, был построен большой кирпичный молитвенный дом. В большом молитвенном зале имелись специальные места для двух хоров. Большая кафедра в форме цветущей лилии была привезена из материнской колонии Молотшна . В здании церкви располагались также женская и детская комнаты, гардеробная, помещение для проповедников. Просторный коридор использовался в качестве столовой. Освещение молитвенного дома состоялось осенью 1901 г. На праздник были приглашены гости из соседних меннонитских поселений. Из Крыма прибыл известный проповедник Давид Дерксен. Среди почетных гостей были также Давид Шелленберг из Оренбурга и хор меннонитской общины из Давлеканово, возглавляемый дирижером Корнеем Нейфельдом. На торжественном богослужении и обеде присутствовало около 3 тыс. человек. Общие собрания проводились в первой и во второй половинах дня. По средам проводился библейский час.
В конце 1932 г., последним в Ново-Самарских колониях, перестал действовать молитвенный дом меннонитов в Луговске. Здание стало использоваться в качестве школы .
Церьков  в Луговске просуществовало 31.год.

Из Книги "Этнокультурное наследие народов Южного Урала".
   
Zuletzt geändert am 9 Juli, 2017