Nachrichten aus Buchara, Asien (aus dem „Gemeindeblatt“) in der "Mennonitische Rundschau" vom 1. Juni 1882

 

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung „Mennonitische Rundschau“ vom 1. Juni 1882, Seite 1. (gotisch) von Elena Klassen.

 

Asien.
Von dem  schlimmen Ergehen der aus Buchara vertriebenen Men.Brüder bringt „der Wächter“ weitere Nachrichten, wovon  „das Gemeindeblatt“ Folgendes mittheilt:
„Ein bucharischer Beamter kam eines Tages mit einem Trupp Soldaten*) in das Dorf von Erdhütten eingeritten und befahl auf das Gebot des Emirs (Fürsten) die sofortige Räumung des Platzes. Dabei machte es das Anerbieten, so viele Kameele und Karren zu stellen, als die Geselschaft verlangen würde und zum Fortbringen aller ihrer Habe nothwendig wäre. Auch wollte er nicht, wie er sagte, sie über die Grenze, sondern nur etwa 80 Werst weiter nach einer Stadt schaffen. Im Weigerungsfalle würden sie aber mit Gewalt über die Grenze gebracht werden. Anderseits hatte der russische Gouverneur wiederholt der Gesellschaft  Winterquatiere auf der russischen Seite in einem Gardendorf anbieten lassen, die sie dann schließlich auch nothgedrungen annahmen. Die Brüder, im Glauben, daß sie durch ihre bisherige Nachgiebigkeit und ihr Menschenhorchen dem Namen ihres Herrn und Bräutigams nur Schande gemacht hätten, entschlossen sich, unter heißem Ringen mit Gott im Gebet, des Abweichens nicht mehr zu machen, sondern auf dem Platze, den ihnen der Herr geschenket und Zeugniß gegeben hatte, daß es der rechte sei, auszuharren. Das war an einem Dienstage. Die Soldaten unternahmen an diesem Tage weiter nichts, als daß sie ein Zelt aufzurichten suchten, da dies aber des starken Windes wegen nicht ging, sich in den Hüten einquartirten; Mittwoch Abend ließ der Beamte zwei noch nicht bezogene Erdhütten zuschaufeln. Donnerstag schickte er einen Boten an seinen Vorgesetzten ab. Dieser kehrte gegen Abend zurück und überbrachte den Befehl des höheren Beamten, daß vier Brüder vor ihn gebracht werden sollten. Nun redeten die Bucharen den Brüdern zu, daß sie den höheren Beamten nur um Aufschub des Abzugs bis zum Frühling bitten sollten, der Kranken und Kinder halber. Die Brüder sahen in solchem Rath eine listige Versuchung des Feides. Aber so oder anders, ihrer Viere mußten – es war heller Mondschein – in die Nacht hinausreiten. Sehr weit war es übrigens nicht. Dort vor dem Oberbeamten erklärten sie, daß sie dem Befehle zum Abzuge nicht gehorchen dürften. In Folge dessen wurden ihnen die Hände auf dem Rücken zusammengeschnürt und sie unter Wache gesetzt. Nachmittags kamen die viere zurück und zugleich mit ihnen erschien der Beck (Oberbeamte). Dieser gab Befehl, die Wohnungen zu zerstören. Die Soldaten legten Hand an, aber trotzdem, daß die Beamten mit „Prügeln“ in der Hand zur Eile trieben, ging das Zerstörungswerk nur langsam vorwärts, wie wenn eine höhere Hand gewehrt hätte. Kamen sie an eine Wohnung, so wurden zuerst die Fenster eingeschlagen, wonach die Bewohner hinausgingen und dann das Zerstötungswerk vollenedet wurde. Daneben packten sie ab und zu einen von den Brüdern mit Gewalt auf ein Fuhrwerk und fuhren mit ihm ab. Gegen Frauen und Kinder blieren (blieben – E.K.) sie jedoch mehrentheils freundlich. Als es Abend wurde, stand noch über die Hälfte Wohnungen unversehrt, und hieß man die Familien, welche seit Zerstörung ihrer Hütten unter freiem Himmel lagerten, zu den Andern in die unversehrten Hütten gehen. Sie fanden auch alle Raum darin und verharrten die ganze Nacht im Gebet und Schreien zum Herrn um Hilfe und Kraft. Sonnabend Morgens sollten alle aus den Hütten hinaus, und als man gutwillig nicht ging, wurde, (doch erst Nachmittag) Gewalt gebraucht, Alles zetrümmert und die ganze Gesellschaft fortgetrieben. Wie es da herging, kann man sich schon ohne ausführliche Schilderung denken. Es waren dies und die folgenden Tage, bis sie, wie schon erwähnt, in dem Gardendorfe untergebracht waren, sehr schwere, wie sie solche noch nicht erlebt hatten, ein Gang nach Gethsemane und von da nach Golgatha, wo sie erst recht die Fußstapfen ihres Herrn und Bräutigams erkennen und darin, wie es keiner Braut gezieme, nachfolgen lernten.
Und nun? Sie glauben, daß sie bald wieder nach einem Ort, von dem sie vertrieben, zurückkehren werden; denn es ist und bleibt der Ort (nach ihrer Meinung), welchen der Herr für seine Letztgemeinde zubereitet hat. Mit lob-und dankerfülltem Herzen rühmen und preisen sie die Wege Gottes und bekennen es frei vor aller Welt: Die Wege des Herrn sind richtig, wenn`s auch dornenvolle Kreuzeswege sind. Der Herr hat sie, die Letztgemeinde, nicht sie ihn erwählt und will sie würdig machen zu stehen vor Ihm, wenn Er kommt, und will sie herrlich machen, wenn Er gekommen ist. Die Wege des Herrn sind wunderbar, das erfahren sie, und herrlich führt Er es hinaus, das glauben sie.“

*) Es ist hier zu berichtigen, daß es nicht We..(unleserlich – E.K.).waren, wie es in der „Rundschau“ No.9 irrthümlicher Weise steht, sondern Soldaten, welche die Erdhütten zerstörten.)

E d r. – (Editor – E.K.)
   
Zuletzt geändert am 3 November, 2016