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Zwei Briefe von Martin Janzen aus Nikolaipol in der „Mennonitische Rundschau“, Nr. 28, vom 9. Juli 1890 |
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Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" Nr. 28, vom 9. Juli 1890, Seite 1. (gotisch) von Elena Klassen.
Nikolaipol, 15 Februar 1890. Weil ich ein fleißiger Rundschauleser und neugierig bin etwas zu erfahren aus mennonitischen Kreisen, so fühlte ich mich verpflichtet auch von hier etwas zu berichten. Wir leben in einer ernsten Zeit, in der es nothwendig ist die Worte Pauli in Philiper 2, 12. recht zu beherzigen. Den 13. d.M. wurden aus unserem Hause zwei Leichen hinausgetragen, unser jüngstes Söhnchen Franz, 1J. 1M. 24T. alt und Jacob Janzens David, etwas über fünf. Lezterer ist fünf Wochen sehr krank gelegen an den Pocken; unserer drei Wochen an den Pocken, dann noch 15 Tage an einer anderen Krankheit, entweder Masern oder Scharlachfieber. Den 14. wurde Jacob Reimer`s David beerdigt, etwas über 16 Jahre alt. Den 11. Januar starb unseren Kindern Abraham Wieben ihr Töchterlein, 11 M. 17T. alt. Ueberhaupt sind in unserer Ansiedlung in diesem Jahre schon 21 Kinder und ein Jüngling, und in Gnadenthal Peter Wiens`Ehegattin gestorben. Besonders hat der Herr die Geschwister Franz Pauls heimgesucht; sie hatten vier Kinder, und der Tod hat ihnen keins gelassen. Isaak Penner und Franz Braun haben auch jeder zwei anbgeben müssen, die Übrigen nur eins, aber viermal ist es vorgekommen, daß zwei an einem Tage zu Grabe getragen wurden, auch zweimal drei. Ich bin jetzt 51 Jahre alt, habe aber Aehnliches noch nie erlebt. Bis fünf Leichen sind zugleich gewesen, aber weil es kalt ist, so konnte die Beerdigung auch aufgeschoben werden. Jetzt ist Stillstand; seit Sonntag ist Niemand gestorben, aber einige Kinder liegen noch krank. Bei Johann Wedel liegen ihrer Drei, die Mutter und zwei Kinder. Aeltesten Johann Reger`s Frau liegt auch sehr krank. Mehrere von den krank Gewesenen sind wieder gesund. Unsere 5jährige Agatha, die wegen ihrer Schwäche nicht gehen kann, hat die Krankheit durchgemacht, ist aber noch nicht ganz gesund. Die Uebrigen in unserer Familie sind gesund, außer mir. Mein linkes Bein ist so, daß ich fast immer sitzen muß, die Aerzte sagen es ist ein Knochenleiden. Große Schmerzen habe ich Gott sei Dank nicht, es ist auch schon besser, aber doch noch lange nicht ausgeheilt. Es sind schon 11 Monate, daß ich an dem Bein leide; ich muß mich zuweilen sehr in der Geduld üben, und habe den Herrn auch ernstlich darum gebeten, daß Er sie mir schenken sollte, und Er hat`s auch gethan, denn Er erfüllt die Bitten Seiner Kinder. Er erhöret ihr Schreien und hilft ihnen. Das ist auch mein Trost, denn ich weiß, ich habe einen Heiland, der es gut mit mir meint, der mir alle meine Sünden vergibt, und auch alle meine Gebrechen heilen wird. Aber er spricht, welche ich lieb habe, die strafe und züchtige ich. Martin Janzen Nikolaipol, 12 März 1890 Lieber Editor. Da ich im Februar schon etwas geschrieben und einem Privatbriefe beigelegt, derselbe aber nicht hingekommen, sondern zurückgekehrt ist, so schreibe ich zu dem ersten Briefe noch etwas dazu und schicke beide zusammen. |
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Zuletzt geändert am 27 Januar, 2017 |