Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 11. Januar 1888, Seite unbekannt. (gotisch) von Elena Klassen.
N i k o l a j p o l, 8 November 1887.
Weil die Nachrichten von hier nur spärlich einkommen und dort die Freunde und Bekannten doch begierig sind, von uns etwas zu erfahren, so bin ich zu dem für die “Rundschau” zu schreiben.
Da uns der liebe Heiland lehrt, am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit zu trachten, so will ich zuerst berichten, daß der Herr durch Sein Wort und Geist auch hier noch kräftig wirket. Mehrere Seelen sind wieder durch die Taufe in den Herrn Jesu und in Seine Gemeinde einverleibt worden. Den 6. September wurde der alte Bruder Peter Wiebe getauft; den 12. feierten wir Erntedankfest, und den folgenden Tag ließen Isaak Penners sich taufen. Im Oktober ließen sich Andreas Bullers und Cornelia Wallen`s Jacob taufen, ferner Rubert Bartsch und vier Mädchen, und wir hoffen binnen Kurzem noch ein Tauffest zu feiern. Dem Herrn sei Dank für die Wirkung Seines Geistes und die Segnungen, die wir allesammt bei solchen Festen empfangen dürfen.
Muß noch berichten, daß die l. (liebe – E.K.) Schwester Penner den 7. d.M. zur ewigen Ruhe eingegangen; sie starb im Wochenbett. In unserer Familie ist auch Verschiedenes vorgefallen. Elisabeth hat eine Zeitlang ein krankes Bein gehabt; sie hat sich durch einen Fall das Knie verletzt, ist auch jetzt noch nicht ganz ausgeheilt. Die kleine Agatha ist auch schon oft verunglückt durch Fallen und hat sich Arm und Bein gebrochen; sie hat auch jetzt wieder ein schlimmers Bein. Der Gesundheitszustand ist im Allgemeinen gut, außer Erkältungen.
Wir hatten einen sehr trockenen Sommer und Herbst, aber meistens warme Tage und wenig Nachtfrost; das Wasser fließt hier noch. Die Ernte war mittelmäßig; der Weizen, den wir eingeerntet haben, wird für ein Jahr nicht ausreichen. Er preist hier jetzt 3 R., 40 Kop. per Lotman (12 Pud); Hafer, 2 R., 70 Kop., Kartoffeln , 2 R., 40 K.
Unter dem Rindvieh herrscht die Maulkrankheit.
Einen herzlichen Gruß an alle Rundschauleser und besonders an alle Freunde und Bekannten in der weiten Welt, wo die „Rundschau“ die Nachricht hindringen wird. Bitte noch alle l. (lieben – E.K.) Freunde in Amerika, mir ihre Adresse zu schicken; weil selten geschrieben wird, wergißt man die richtige Adresse. An Jacob Willems in Kansas habe ich schon zwei Mal geschrieben und keine Antwort erhalten, weiß deshalb nicht, ob die Briefe hingekommen sind.
Der alte Siebert Görzen kann nicht mehr Versammlung besuchen, seine Frau ist jetzt auch krank; er glaubt bald von hier abscheiden zu dürfen. Jacob Dück, der mehrere Jahre in Samarkand verweilte, ist vor ein Paar Wochen mit seiner Familie hierher gekommen. Seid nochmals gegrüßt von euren Mitpilger ......(unleserlich – E.K.) Zion. Die Gnade sei mit Euch Allen. Amen.
Martin Janzen |