Kurze Briefe und Berichte in der „Friedensstimme“ und in der "Mennonitische Rundschau"

 

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Brief von A. Koop aus Aulie-Ata, Turkestan in der "Mennonitische Rundschau" vom 1. Januar 1908

Nikopol, bei Auli-Ata-Taschkent, den 14 Nov. 1907.
Das Frühjahr war bei uns ziemlich naß, so das es den Sommer hindurch kühl blieb, und der Schnee auf den nahen Bergen nicht alle verschwand. Die Ernte ist gut ausgefallen, aber die Preise sind nur billig: Weizen 6 Rbl., Hafer 5 R. 40 Kop., Gerste 5 R., Roggen 5 R. – alles für 12 Pud. Vorrat ist noch ziemlich vorhanden. Der Winter hat manchen überrumpelt, denn er ist früh gekommen, wir haben neun Grad Kälte und gute Schlittenbahn. Noch ist  nicht alles gedroschen.
Man fährt immer noch mit Schweinefleisch nach Taschkent; anfangs war der Preis 7 R. 20 K. das Pud, aber jetzt nur 5 R. 50 K. Viele haben bis 80 Pud hingefahren. Die Schafe haben einen guten Preis: Lämmer vom Frühjahr 6 R., die alten 10 R. das Stück. Rinder und Milchkühe 80 R., Pferde 200 fürs Stück. Im allgemeinen ist es hier ruhig und von „ Hände hoch“ sind wir noch ziemlich verschont.

Ab. Koop

 

Brief von H. Janzen aus Nikolaipol, Turkestan in der "Mennonitische Rundschau" vom 25. September 1907

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 25. September 1907, Seite 10. (gotisch) von Elena Klassen.

 

Nikolaipol bei Aulieata, Turkestan, 2 August. Heute nachmittag haben wir Begräbnis. Schw. Marie Dyck, 20 Jahre alt, erkrankte Sonntag und war Dienstag früh um 3 Uhr eine Leiche. Sie starb wahrscheinlich an Gallenblasenstein. M.Dyck ist eine Tochter von Bern.Dyck früher Wernersdorf. Vor einiger Zeit hat sie, wie ich höre, ihr Gewissen gereinigt und soll Ahnung von ihrem nahen Abscheiden gehabt haben.  Die Ernteaussichten sind gut, Obst viel, Heu noch mehr, Wetter gegenwärtig trocken und gut, Staub unangenehm viel. Unsere Ansiedler am Tschu schreiben nicht mehr so freudige Briefe, denn man hat ihnen, den letzten Nachrichten nach, noch nicht einen geeigneten Ansiedlungsplatz angewiesen, und der Platz auf dem sie sitzen, ist unmöglich zu besiedeln. Die Pferde trepieren, das Rindvieh gedeiht, Heu viel.

H. Janzen

 

Bericht von A. Koop aus Aulie-Ata, Asien in der „Odessaer Zeitung“, entnomen aus der "Mennonitische Rundschau" vom 20. März 1907

 

Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 20. März 1907, Seite 9. (gotisch) von Elena Klassen.

 

Abr.Koop berichtet in der „Od. Ztg.“, daß sie in Aulie Ata, Asien, ihre Milch für 50 Kop. per Pud. an die Butterfabrik verkaufen. Milchkühe kosten von 30 bis 80 Rubel per Stück. Unter dem Rindvieh ist die Seuche ausgebrochen; ihm waren bereits 15 Stück gefallen. Er schließt seinen Bericht wie folgt:
„An den Wahlen zur Duma haben wir nicht teilgenommen, weil wir keinen hinschicken können. Was den anderen Deutschen werden wird, kann uns auch nur werden, Bis jetzt sind wir hier noch vom Kronsdienst frei und als die Geduldeten im Lande, denn bei uns ist keine Rekrutierung.“

 

Brief von Jak. Wall aus Aulieata in der „Friedensstimme“, Nr. 49, 25. Juni 1914

 

Aulie-Ata, Turkestan.

Die Wasserfrage ist für diese Jahr wieder gelöst. Am Himmelfahrtstage ging es noch zu Fuß und mit trockenem Füßen über die Steine durch den Fluß zu gehen. Nach 3 Tagen  war der Verkehr zwieschen Orloff und den Oberdörfern ganz verboten, denn es war so hohes Wasser, daß es fast nicht möglich war, durch den Urmiral zu fahren oder zu reiten*). Auch jetzt ist noch viel Wasser.
Das Getreide steht sehr gut. Es ist hier jetzt teute Zeit, der Weizen kostet bis 22 Rbl. 12 Pud oder Batmann, Hafer 16 R., Gerste 17 Rbl., Butter 40 K. a Pfund. Der Klee kostete 12 Kop. das Bund oder die Garbe, aber jetzt schon nur von 3 bis 5 Kop.

Jak. Wall

*) In Turkestan hängt die Ernte von der Wassermenge die aus den Bergen kommt. Das Land wird bewässert. - Redaktion

 

Brief von E. Riesen aus Ak-Metschet in der „Friedensstimme“, Nr. 36, 9. Mai 1912

 

Ak-Metschet, Chiva, den 16 April

Werte Redaktion der „Friedensstimmer!“
Ich, ein Anhänger der Antialkoholbewegung im Sinne der Heiligen Schrift, fühle mich gedrungen, eine kleine Bemerkung zu der in Ihrem w.Blatte empfohlenen Schrift: „Der Alkohol in ärtzlicher Beleuchtung“ von Dr. Schaufler, zu machen. Wenn Wein, mit Vernunft, will besser sagen, mit wachsamen Herzen genossen,  ein „starkes Gift“ wäre, dann will mir die Einsetzung des heil. Mahles vom Heiland mit Wein: „Das ist mein Blut“, doch schwer verständlich vorkommen. Denselben Schatten wirft solche Behauptung auch auf das erste Wunder Jesu in Kana. Ich bin der Üeberzeugung, daß solche übertrieben einseitige Warnung der wichtigen Sache nur schadet. Andere erklären den Kaffee für ebenso schädlich, giftig! Und der Tee, zu stark genossen, ist auch gesundheitsschädlich. Und doch, welch unersetzlichen Genuß und Erquickung gewährt uns deselbe hier in den sü drückend schwülen Sommertagen in unserer chiwesischen Oase am Hande der Sandwüßte.
E. Riesen.

 

Brief von Heinrich Janzen aus Nikolaipol in der „Friedensstimme“, Nr. 36, 9. Mai 1912

 

Nikolaipol, Turkestan, den 23 April

Gestern Nacht hatten wir einen schönen Regen, die Obstbäume standen in vollster Blütenpracht, sie ist jetzt im Abnehmen. – Getreide ist teuer. Weizen kostet in der Stadt 1 Rbl. 25 Kop. a Pud, Hafer auch über einen Rubel. – Der Bahnbau soll im halben Mai beginnen.
Heinrich Janzen.

 

Brief von Jakob Wall aus Aulieata in der „Friedensstimme“, Nr. 60, 4. August 1912

 

Ansiedlung bei Aulieata, den 21. Juli

Wir haben jetzt schöne Tage. Wer schon reifes Getreide hat, fängt schon an zu dreschen. Die Berge mit ihrem ewigen Schnee haben uns dieses Jahr mehr Wasser geliefert; es war in Durchschnitt heißer als voriges Jahr. Wenn wir vor Schaden bewahrt bleiben, können wir dieses Jahr eine gute Ernte haben.

Jakob Wall

 

Brief von J. Mandtler aus Andrejewka in der „Friedensstimme“, Nr. 64, 17. August 1913

 

Turkestan, Andrejewka bei Aulie-ata, 13 Juli.
(Aus Versehen ziemlich verspätet)

Unsere Ernte spärlicher ausgefallen als so lange, und manches vertrocknete ganz.Wir haben vom 28 Mai an keinen Regen gehabt und vorher wenig. Das Wasser zum Bewässern ist auch sehr wenig; es fehlt an Schnee in den Bergen und doch haben wir von Mitte Juni ziemlich warm. Die Wege sind der großen Trockenheit halber recht schlecht, sehr staubig und löchrich, so daß es schlecht fährt. Schnee ist in den Bergen noch viel, aber so hoch, wo die Sonne nicht eine große Wirkung ausübt, und des Nachts noch alles hart friert.
J. Mandtler

 

Brief von Jakob Wall aus Aulieata in der „Friedensstimme“, Nr. 41, 30. Mai 1912

 

Etwas von der Ansiedlung bei Aulie-ata, Turkestan.

Der Winter war hier nicht streng. Und doch wurde das Futter so teuer, wie wohl noch nie vorher. Die Ackerei dauert hier ungefähr 40 bis 45 Tage. Es ist auch ziemlich gesät worden. Das Getreide steht auch ziemlich grün, aber es harrt noch auf etwas. Wenn man jetzt aufs Feld geht, so sieht man, daß die Kanäle um die Acker schon gereinigt sind und jetzt schaut der Landmann nach den Bergen und seufzt nach Wasser. Wenn es nur heiß würde, dann muß ja der Schnee schmelzen. Aber bis jetzt, den 15 Mai, war es noch immer kühl. Die Erde braucht hier viel Wasser. Es kann ziemlich regnen, aber wenn wir hier nicht bewässern könnten, bekämen wir entschieden eine Mißernte.

Jakob Wall
   
Zuletzt geändert am 28 Januar, 2017