Bericht über Aulie-Ata in der „Friedensstimme“, Nr. 88, 10 November 1910

 

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Aulie-Ata, Turkestan

„Die Turkestaner brauchen keinen Gott“, hat jemand schwerzweise gesagt, der aus dem europäischen Rußland hier auf Besuch war. Er meint es deshalb, weil wir, wenn es nötig ist, unsere Felder wässern können. Es ist aber wie in andern Gegenden, bei uns dasselbe Lied: Hitze, Seuche, Mißwachs u. dgl.m. Maulfäulnis hat mit solcher Macht um sich gegriffen, wie bisher noch nicht dagewesen ist.Tausende Rinder und Schafe sind von dieser Krankheit befallen. Sogar Pferde und Kameele, Wildschweine und Steinböcke hatten nach Aussage der Kirgisen unter ihr zu leiden.
Da infolge der kärglichen Aussaat von seiten der Kirgisen (sie hatten, weil das Getreide so teuer war, wenig Saatgetreide) auch nur eine kärgliche Ernte erzielt worden und zudem das Geerntete außer Hafer nur schwach geraten ist, ist das Getreide jetzt schon zwei bis dreimal so teuer als in frühern Jahren. Sollte jetzt noch ein strenger  Winter hereinbrechen, dann ist eine Teuerung zu befürchten, denn den Kirgisen würde ihr Vieh, das sich auch im Winter die Nahrung auf dem Felde suchen muß, haufenweise fallen. Dann hätten sie gar nichts. Möge uns Gott davor bewahren!

   
Zuletzt geändert am 11 Juni, 2016