Brief von J. Wall aus Andrejewka, Turkestan in der „Friedensstimme“, Nr. 45 vom 11 November 1906

 

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Andrejewka, Turkestan.


Am 13 Oktober abends ging ich nach dem Nachbar, der aus Taschkent gekommen war, um mich nach meinem dorthin geschickten Fuhrwerk zu erkundigen. Meine Frau machte Feuer unterm Herde und ging darauf  mit der Warnung: „Kinder geht vom Feuer weg“ melken. Das ältere Kind ging lernen. Das jüngere 4 jähr. Töchterlein ließ sich`s gelüsten, den Lampencylinder vom Fenster zu nehmen, um denselben zu besehen. Es mußte dazu nahe an`s Feuer treten, diese erfaßte ihr Kleid, und mit dem Ruf: „Es brennt! Es brennt“ lief das Kind  über den Hof zum Stall. Die herausstürzende Mutter riß dem Kinde die Kleider von Leib, wobei sie sich alle Fingerspitzen verbrannte. Als ich darauf nach Hause kam und, die Glut sehend, in`s Haus eilte, sah ich eine traurige Scene: die wimmernde Frau, die weinenden Kinder und das zitternde Kleine, die tröstend sprach „Ich werd nicht sterben“. Als der Arzt kam, und das Kind genau untersucht wurde, da zeigte sich`s daß der Bauch, die linke Seite und Arm sehr, das Gesicht und die rechte Hand nur leicht verbrannt waren. Nach 4 schweren Nächten und Tagen dürften wir hoffen, daß uns unser Kind hier noch bleiben wird. Manches hat uns der Herr wieder gelehrt.
Mein Kollege, H.Janzen, hütet seines kranken Beines wegen noch immer das Bett.

J.Wall

   
Zuletzt geändert am 29 Mai, 2016