Brief von Jakob Mandtler Andrejewka, Aulie-Ata in der „Friedensstimme“ Nr. 78 vom 5. Oktober 1913

 

Abgeschrieben von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Andrejwka, Aulie-Ata, Turkestan 15 Sept.

Die Ernte ist meistenteils beendet. Das Ergebnis ist sehr verschieden, manches gibt nicht die Aussat, manches die doppelte Arbeit mit der Aussat gemacht haben, aber sie bekamen kein Wasser zum Bewässern, infolgedessen ist alles vertrocknet. Für manchen kommt eine schwere Zeit, das Getreide ist jetzt schon ziemlich teuer: der Weizen kostet 1 Rbl. a Pud, Hafer 10 Rbl. 12 Pud, Gerste annähernd 8 Rbl. 12 Pud. Um diese Jahreszeit ist es in 31 Jahren doch wohl nie so teuer gewesen. Besonders schwer betroffen ist der Anliatinsche (? – E.K.) Kreis. Viele Kirgisen haben jetzt schon kein Brot, es sind auch unter uns, die nicht ausreichend Brot bekommen, sie müssen sich kaufen, manche haben noch etwas altes. Das Futter ist auch schon teuer, wird aber noch teurer werden. Vom 28 Mai bis heute war noch kein Regen. Die Viehweide ist sehr schwach, so daß manches Vieh abends und morgens gefüttert wird. Der Staub ist auf den Wegen recht tief und diese sind löchericht (Schlaglöcher – E.K.). Die Hitze ist bis 28 und 29 Grad gewesen. Der Gesundheitszustand war ziemlich gut, mitunter trat die Grippe etwas auf.
Morgen, den 16 Sept. ist Begräbnis in Gnadenfeld (Wladimirowka) bei Gerhard Reimers. Es hat sich daselbst am 3 September ein Mädchen von etwas über 6 Jahren verbrannt. Sie erlag den Wunden am 14 Sept. In Köppental verbrühte sich ein Kind von 8 Monaten ausgangs August, welches nach 3 oder 4 Stunden  starb. Vorsicht ist nötig.

Jakob Mandtler.
   
Zuletzt geändert am 19 Mai, 2016