Brief von Jakob Mandtler Andrejewka, Aulie Ata in der „Friedensstimme“ Nr. 81 vom 18. Oktober 1911 |
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Andrejwka bei Aulie Ata, 4 September Es eilt die Zeit Wir sind bald bei Herbstanfang, und doch ist die Frucht des Landes noch lange nicht unter Dach gebracht. Es bedarf noch diesen ganzen Monat, ehe alles wird beseitigt sein. Wir wünschen uns hier in Turkestan noch keinen Regen, obzwar es des Staubes halber sehr nötig sein würde. Unser himmlischer Vater hat uns vor vielen sehr bevorzugt: wir haben wieder so viel Getreide bekommen, daß jeder gut sein Brot haben wird. Es sind auch Familien, die kein Land haben, das Getreide aber ist teuer. Der Weizen kostet jetzt schon über einen Rubel das Pud, und es ist anzunehmen, daß er noch teuerer werden wird. Im ganzen Turkestanschen Gebiet ist viel Getreide vertrocknet, weil die Flüsse, nicht hinreichend Wasser lieferten. Es gibt auch große Ländereien, die vom Regen befeuchtet werden müssen, und der ist ausgeblieben, also gibt es da nichts. Im Ganzen ist doch nur eine schwache Ernte, und Turkestan reicht mit seinem Getreide nicht aus. Vorigen Winter sind eine ziemliche Zeit alle Tage drei Züge mit Getreide von Orenburg nach Taschkent gekommen (was diesen Winter doch wohl schwerlich geschehen kann) und doch wurde das Getreide immer teurer. Auch jetzt ist es so teuer, wie es um diese Jahreszeit während unseres Hierseins (in 29 Jahren) noch nicht gewesen ist. Daß die Hitze bei uns sehr groß war, können wir nicht sagen, nur einige Male war es bis 28 Grad im Schatten. Die Wege sind sehr staubig. Jakob Mandtler |
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Zuletzt geändert am 12 Mai, 2016 |