Bericht von Cornelius Dück aus Gnadenthal, Asien in „Zions-Bote“, vom 15. Januar 1892, S. 3

 

Zugeschickt von Elena Klassen (Email), alle ihre Berichte.

 

Kopie der Zeitung „Zions-Bote“, Nr. 43, vom 15. Januar 1892, S. 3. (gotisch) von Elena Klassen.

 

 

Asien.
Gnadenthal, 4 Nov. 1891.
Will wiederum etwas für den „Zions - Bote“ einsenden. Gott wolle geben, daß es zum Bau in Zion etwas beitragen möchte. Oft kommt in mir die Frage: „Werden die Leser auch noch etwas daran haben, wenn ich nur immer fast allein (d.h. von hier) für den „Zions - Bote“ schreibe?“ Jedoch habe ich es aus Liebe gethan, weiß nicht, wie lang ichs noch werde fertig bringen, zumal meine Kräfte immer mehr schwinden. Wir kommen hier immer näher dem Ziele zu, wo alles andere wird aufhören, die Liebe nur wird bleiben. Gott unser Vater wolle uns würdig machen dahin zu gelangen. Es ist schon eine geraume Zeit verstrichen, seitdem ich geschrieben habe, wollte auch schon eher schreiben und zwar gleich nach dem Erntefest, ist aber nicht geworden, will denn jetzt etwas davon berichten. Es war ein schöner mit Sonnenglanz gezierter Tag. Ach, hätte der Glanz der Freude so aus unsern Herzen geleuchtet. Jedoch das Fest began, und zwar mit dem Liede: „Wir warten auf den Heiland,“ vom Chor. Darauf hielt Br. Aron Dück eine kleine Ansprache als Einleitung zur Gebetsstunde über Matth. 6, 25 – 34, daß wir nicht sollen sorgen, sonderngläubig vertrauen und glücklich sein. Nachdem Einige gebetet, wurde vom Chor das Lied gesungen: „Zeige dich in deiner Klarheit.“ Hierauf hielt Br. Jacob Janzen eine Ansprache über Matth. 4, 4. Nachdem er den Vers: „Herr schaue auf uns nieder“ vorgesagt und gebetet, machte er darauf aufmerksam, daß der Mensch nicht von Brod allein lebe, sondern Gott das wahre Brod ist was Leben giebt und nährt. Wir besonders dankbar sein sollten, wenn wir an die Hungersnot an manchen Orten denken und daß wirs besonders verwerten möchten, was wir heraus haben von vielen andern zum Leben, das fortwähren wird. Nach diesem wurde von Br. Joh. Klaßen eine Ansprache gehalten über Philip. 4, 12 – 13. Vorher wurde noch das Lied gesungen: „Ergebung heißt das schöne Wort“ vorgesagt und von ihm gebetet. Sein Thema war, wie man dazu kommen kann, es also zu vollbringen wie im Text ausgedrückt war, daß es ohne wahres Anstreben ein Gottesdienst von leerem Lippenwerk ist, und einer Blume gleicht, welche hübsch und schön sieht, aber keinen Geruch hat. Wieder ein Lied vom Chor: „Mich verlangt nicht nach Schätzen.“ Hierauf sagte Herman Epp das Lied vor: „Unser Herz und Mund lobsinge,“ betete und sprach über Joh. 6, 32 und 33, daß Jesus das rechte Brod sei, und wir recht dankbar sein sollen dafür und daß das Zusammenkommen, um zu essen und zu trinken nichts nütze sei, wenn die Seele nicht gespeist werde, und daß unser Leben ein Dank sein sollte, und nicht nur unser Mund. Hierauf vom Chor das Lied: „Der Herr hat Großes an uns gethan.“ Hierauf wurde Pause gemacht und zu Mittag gespeist. Während gespeist wurde, wurden von Chor nachstehende Lieder gesungen: „Jubelklänge, Festgesänge,“ „Droben werden wir vereint,“ „Diesseit des Jordans wollen wir,“ „Wenn die Nebel dieser Erde,“ „Alles was irdisch ist welkt und vergeht,“ „Geist der Wahrheit und der Liebe,“ „Lobt Gott mit frohem Schalle,“ „Wir warten auf den Heiland,“ „In der einen Hand die Kelle, in der andern Hand ein Speer,“ „Nicht mehr mein, ich bin erlöst,“ „Die ganze Welt ist voll des Herrn Macht,“ „Ein Schäflein von der Weide.“ Es speiste sich recht behaglich, und manche Angesichter fingen an helle zu werden, hier und da floß eine Thräne über die Wange. Nachdem alle gehatten (gespeist hatten?? – E.K.), sprach Br. Peter Wiebe das Lied vor: „Der du mit milden Händen,“ betete und sprach etwas über 2 Korinth. 6, 10, das wir in unserer Armut viele reich machen können. Nach diesem wurde von Br. Jacob Mandtler vorgesagt: „Bauet den Segen den Gott uns die Liebe gegeben,“ gebetet und über Psalm 104, 13 – 14 gesprochen; er er erwähnte besonders daß wir reich sind gegen die, die nichts haben, und daß wir zufrieden sein sollen, denn so wir unzufrieden seien, könne Gott strafen, und sollen auch noch für den Herrn übrig haben. Hiernach wurde vom Chor gesungen: „Singt, singt mit heiligen Entzücken.“ Dann trat Br. Bernhard Wiebe auf, sagte den Vers vor: „Herr deine Huld ist größer,“ betete und sprach über 1 Timoth. 6, 6 – 8, eine Ermahnung zur Genügsamkeit, und was es für ein Glück sei, gottselig zu leben. Nun wurde noch vom Chor gesungen: „Laßt uns Jesu folgen,“ und wieder Pause gemacht und gespeist. Während gespeist wurde, wurden nachstehende Lieder gesungen: „Preiset den Heiland mit munterm Gesang,“ „Voran, voran, du muntrer Jugendkreis,“ „Frohlocket am heutigen Feste,“ „Heimwärts richten wir den Pilgerlauf,“ „Raum für Welt und Eitelkeiten,“ „Laßt uns Zionslieder singen.“ Nachdem alles gespeist hatte, wurde von Abrah. Görzen das Lied vorgesprochen: „Ein lieblich Loss ist uns gefallen,“ nachdem er sich im Gebet ausgesprochen, sprach er noch über Matth. 6, 19 – 34, wobei er besonders betonte, wie der Mund ein Verräter des Herzens sei, denn er verratet immer den Schatz den der Mensch besitzt, denn, „wo das Herz von voll ist, gehet der Mund von über,“ Matth. 12, 34, und Luca 6, 45. Hierauf stiegen noch einige Dankgebete zu Gott empor, und nachdem noch der Vers gesungen war „Nun, dazu sage Amen,“ hielt Br. Heinrich Kröker noch Schlußgebet, und so schieden wir gesegnet an Seele und Leib, 9 Uhr Abend von einander.
Manches erinnerte mich auf diesem Fest an das vorjährige, und besonders meine Leidensgenossen, daß sie nicht mehr alle hier waren. Br. Martin Janzen, der den 2. Mai zur ewigen Ruhe eingegangen, ist nicht zu bedauern, aber es fehlte noch einer und wo ist er! Thränen rollten meine Wangen herunter, als ich dem nachdachte. Es bleibt bei dem alten Sprichwort: „keine Freude ohne Schmerz.“ Der 22., Sonntag, wurde uns auch noch zum reichen Segen, denn Vormittag wurden noch zwei Seelen getauft und der Gemeinde einverleibt, und nachdem noch ein Liebesmahl unterhalten war, wurde noch das heilige Abendmahl unterhalten.
Noch einige Bemerkungen. Am 27. Okt. kam ein lediger Herman Quiring vom Trakt, (Wolga) und im Nov. kam eine Familie von Chiva, Jacob Quirings, hier an. Auch sind noch 6 Familien Kolonisten, ebenfalls am 27. Okt. hier angekommen. Am 29. Okt. feierten Witwer Jacob Reimer, Gnadenthal, mit der Witwe Frau Martin Janzen, ihre Hochzeit.
Haltet im betenden Andenken Euren leidenden Bruder und Mitpilger

Corn. Dück.

   
Zuletzt geändert am 7 November, 2018