Kopie der Zeitung "Zions-Bote" Nr. 50, vom 18. Dezember 1901, S. 2. (gotisch) von Elena Klassen.
Asien, Turkestan, Nikolaip. 2. Nov.
Werter „Zions – Bote.“ Du kehrts auch ins unser Haus ein und ich lese dich so herzlich gerne, habe auch schon manchen Segen genossen und besonders finde ich darinnen immer einen großen Segen, wenn ich lese, wie die Kinder Gottes Stunden der Erquikung genießen, durch Tauffeste, große Versammlungen und Besuche aus der Ferne. O dann denke ich immer, hätte ich auch können dabei sein.
Nun will ich einmal hören lassen, was der treue Herr auch an uns gethan hat in letzter Zeit. Ich denke es würden andere ausführlicher berichten können, als ich, und vielleicht treibt es auch einen oder den andern, etwas von den Segnungen hören zu lassen, jedoch will ich thun, wie der Geist Gottes mich lehrt und wenn das Herz voll ist, des gehet der Mund über, und so ist es auch in Wirklichkeit. Ich finde es auch heute an mir so.
Wir wurden durch einen sehr werten Besuch erfreut. Den 29. Sept. kamen die lieben Brüder abends bei Geschw. Joh. Klaassen glücklich und wohlbehalten an. Br. Klaassen holte sie von Taschkent ab auf einem schönen Federwagen. Es war der liebe Br. und Ältest. David Schellenber und Br. Johann Hiebert, Münsterberg und noch Br. Klassens Bruder Abr. Klaassen. Es war Sonnabend, als sie angekommen waren, und Sonntag schon frühe saßen sie in unserm Versammlungshause. O wie freuten wir uns, als wir hörten, die Brüder wären wirklich gekommen, und die lieben Brüder waren sehr voll Dank gegen den Herrn, daß er sie so glücklich geführt hatte. Br. Hiebert machte den Anfang zur Gebetsstunde, worauf mehrere beteten und dankten. Dann folgte Br. Schellenberg mit Röm. 1, 1-12 und munterte ganz besonders zur Dankbarkeit auf, denn im 8. Verse hie´es: „Aufs erste danke ich meinem Gott.“ Zum andern hob er auch noch hervor, wie glücklich die Kinder Gottes schon waren, wenn sie sich auch nur ins Angesicht schauen konnten, und wie glücklich Paulus gewesen war, als er auf seiner Reise Brüder gesehen hatte, und so hätte es auch ihm gegangen, als er in Amerika angekommen und Brüder getroffen, dann hatte er gesagt: Jetzt ist alle Mühe bezahlt durch die Freude des Wiedersehens. Dann nachmittag wurden die lieben Brüder zum Erntedankfest der Köppenthaler Gemeinde eingeladen, allwo viele Menschen waren.
In der nächsten Woche machtes sie so viel wie möglich Hausbesuche, bei alledem, daß es sehr dreckig war, denn es regnete fast jeden Tag, mitunter schneite es auch, war deswegen aber nicht sonderlich kalt. Die lieben Brüder haben hier in großem Segen gewirkt und fanden überall herzliche Aufnahme, auch wir hatten die Freude, sie in unser Haus aufzunehmen, und wir durften mit unsern vier Kindern und ihnen zusammen ja auch unsere liebe Eltern unsere Kniee beugen und zusammen beten, loben und danken. Im Köppenthaler Versammlungshaus wars wo Br. Schellenberg eine Ansprache hielt. Zum 6. Oktober wurde bei uns ein Erntedankfest anberaumt. Draußen schneite es wohl den ganzen Tag, aber wir haben dem Herrn sei Dank ein schönes geräumiges Versammlungshaus, und der Herr Jesus war auch auf dem Feste, und der Sängerchor that auch das Seine dabei. Zu Mittag wurde gespeist. Fleisch, Kaffe und Zwieback, und gegen Abend wurde noch einmal Kaffe getrunken, dann folgte wieder eine Abendstunde, doch derselben wohnte ich nicht bei, aber durch andere Geschw. habe ich gehört, daß dieselbe von reichem Segen gewesen war. Tags darauf war vormittag noch allgemeine Versammlung, und zu Mittag wurde gespeist, dann nachmittag übernahm Br. Schellenberg die Leitung und wir unterhielten das Mahl des Herrn und waren sehr gesegnet. Ich war sehr froh, daß ich außer zwei Versammlungen immer dabei sein konnte; einige mußten wegen Krankheit immer zu Hause bleiben.
In der folgenden Woche wurden wieder neue Hausbesuche gemacht und Mittwoch vormittag gings nach Orloff. Da hielt Br. Schellenberg in der Schule eine wichtige Ansprache unter einer Schar Zuhörer, und darauf hielt Br. Heinr. Kröker noch eine kurze Ansprache.
Den letzten Sonntag ihres Hierseins gabs noch ein Tauffest, und darauf wurde noch einmal Liebesmahl gehalten. Es war mir sehr wichtig. Es war eine Schwester, die da getauft wurde, sie ist meine Nichte, eine Gerhard Dücken Aganetha; Br. Franz Braun hatte sie sich in letzter Zeit von der Molotschna geholt zur Ehefrau, sie war gläubig, aber nicht getauft. Zum Schluß folgte noch von Br. Schellenberg eine Predigt, auch der liebe Bruder Hiebert machte wichtige Bemerkungen. Es war sehr dreckig, denn es regnete und schneite, aber die Abendstunde wurde noch ziemlich gut besucht. Es war meistens eine Gebetsstunde. Am 17. Okt. reisten die Brüder wieder von uns ab, ihren Heimat zu. Der liebe, treue Heiland wolle sie begleiten, wie er es vorher gethan hat, ist unser Wunsch. O wie schnell vergeht doch die Zeit in so selger Gemeinschaft. Wir waren gestern bei Schw. Joh. Klassen fünf Schwestern zusammen, und wir waren alle voll Freude von dem, was wir gehört und gesehen hatten. Die liebe Schwester ist lange sehr leidend gewesen, sie mußte außer eine, sonst alle Versammlungen entbehren, sie war aber in einer Woche so viel stärker geworden, daß sie den ganzen Tag über außer dem Bett sein konnte. Jetzt haben wir in beinahe 8 Jahren vier besuche gehabt; das erste mal waren Br. Jacob Reimer und Br. Wilh. Dück. Das zweite mal, Ältester Jacob Janz von Friedensfeld und BR. Jacob Reimer, dann Br. Heinr. Braun und Br. jacob Kröker von der Krim und jetzt Ältest. Davis Schellenberg und Bruder Johann Hiebert. Ich habe jedesmal einen großen Segen gehabt, und die Brüder waren auch allemal herzlich froh, daß der Herr es so gelenkt hatte, daß sie uns besuchen durften.
Nun noch einen herzlichen Gruß an alle Zionspilger. Manche werden mich kennen. Der lieben alten Schwester Aron Warkentin, und alle die von hier nach Amerika gezogen sind, wünsche ich ein herzliches Lebewohl. Wir haben in irdischer Hinsicht nicht zu klagen, haben Essen und Trinken und können auch hin und wieder für die Mission etwas geben. Ich schließe mit jes. 55, 2-6.
Helena u. Jac. Kröker
Aulieata, Nikolaipol. Man behauptet, daß binnen 6 Jahren auch bis zu unsrer Stadt Aulieata und noch vorbei die Eisenbahn soll gebaut werden. Gut. Joh. Regehr Sr. Ist gegenwärtig auf seiner vierter Rußland Reise. Gerh. Dück, Wernersdorf, war in diesem Jahre schon zweimal hier. Br. And. Buller kehrte am 4. September mit seiner 84jährigen Mutter aus Rußland nach Hause zurück. Br. P. Braun kam in den letzten Tagen des August Monats mit einer Gattin, die ihm der Herr in Rußland zuführte, zurück. Jacob Wall, Sohn des Corn. Wall in Gmadenfeld kam am 12. Oktb. Von dem neuangekauften Lande am Terek zurück. Er hat dort Land gekauft, hats jetzt aber auf fünf Jahre aufgegeben. Es behagte ihnen dort in dem Lande der Krankheit und vielen Mücken halber nicht. Heinrich Martens, (Sohn des sogenannten Schmidt Martens in Wernerdsorf) hat sich im Sommer hier auch niedergelassen und häußlich eingerichtet. Er gedenkt auch seine Eltern und seine jüngste Schwester von Spat, Krim, im Winter herüber zuholen. Gruß an alle Leser, Freunde und Geschwister mit Ps. 23.
H. Janzen. |