Bericht von einem Leser aus Nikolaipol bei Aulie-Ata, Turkestan, aus der „Friedensstimme“ Nr. 28 vom 15. Juli 1906, S. 303-304
Nikolaipol bei Aulieata, Turkestan, den 25. Juni.
Auf verschiedene Art spricht der Herr eine ernste Sprache. Vor einigen Wochen fiel ein Söhnlein der Geschw. Jakob Giesbrecht in den Bewässerungskanal, der sich längst der Straße dahinzieht, und ertrank. Heute vor acht Tagen fiel die kleine 4- jährige Marie der Geschw. Aron Janzen in die hölzerne Zuflußrinne der Wassermühle und wurde auch als eine kleine Leiche aufgefunden. Tief bewegt sahen wir die Eltern der Begräbnisfeier beiwohnen. Auch wir trauern mit beiden Geschwisterpaaren. Br. Janzen war erst seit einigen Tagen von einer Reise aus Europa, von wo er seinen taubstummen (aber nun redenden) Sohn geholt, da derselbe seinen Kurs beendet, zurückgekehrt. Da obengenannter Bruder in verschiedenen Kreisen Verwandte und bekannte hat, die er im Mai besuchte, so diene ihnen zur Nachricht, daß er mit seinem Sohne Jakob am 13. Juni glücklich und gesund daheim eintraf.
Bruder Joh. Klaaßen hatte als Text zur Leichenfeier Hohelied 6, 1. Er verglich das schlafendscheinende Mädlein mit einer Rose, die sich der Herr im Würzgärtlein gepflückt. Wie gut habens doch wir Christen, die wir an einen helfenden, tröstenden Heiland glauben, im Gegensatz zu den uns benachbarten Kirgisen. Dieselben zerkratzen sich mit den Händen das Gesicht, sitzen auf der Erde und beklagen und beweinen trostlos ihre Toten. Ja es werden eigens Klageweiber bestellt.
Der Gesundheitszustand ist ziemlich gut. In verschiedenen Russendörfern ist die Rinderpest ausgebrochen. Der Weizen und Hafer hat jetzt in Aehren geschossen und steht mittelmäßig. Im Großen und Ganzen müssen wir wohl an uns die Frage richten: Weißt du nicht, daß dich Gottes Güte zur Buße leitet?
Ein Leser.
Meldung von J. J. aus Nikolaipol, Turkestan, aus der „Friedensstimme“ Nr. 39 vom 30 September 1906, S. 432
Nikolaipol, Turkestan, den 4. Sept.
Wir sind jetzt mitten in der Ernte; der Ertrag ist schwächer als je. Das Wetter ist trocken. In einigen nahen Russendörfern hat die Rinderpest fast alles Rindvieh hinweg gerafft. Obst gab`s durchschnittlich kaum halb so viel, als im vorigen Jahre. Von den Unruhen erfahren wir bis jetzt, Gott sei Dank, noch nichts.
Schw. Jak. Mandtler, früher Lindenau, liegt schon mehrere Wochen zu Bett, wird immer schwächer.
J.J. |