Ein Bericht aus Turkestan.
Da wir bereits einige Monate in Turkestan sind und bisher noch keinen Bericht von hier in die Frdst. eingesandt haben, möchte ich dieses hiermit tun. Mit Lob und Dank müssen wir auf die Zeit, die wir bisher zugebracht haben, zurückblicken. Der Herr hat uns recht ermutigt in dem zu beginnenden Werk. Seit dem 2. Dez. (a. St.) sind wir hier unter unsern deutschen Geschwistern und wir fühlen uns recht wohl in ihrer Mitte. Auch die Arbeit fehlt es nicht. Sind wir auch vorläufig noch nicht fähig, den Kirgisen und Sarten zu dienen, weil wir die Sprache noch nicht mächtig sind, so haben wir doch auch in unsern Gemeinden ein großes Arbeitsfeld gefunden, wo wir mit den lieben Brüdern hier, Hand in Hand arbeiten. Wir dürfen auch in tiefer Demut von reichen Segnungen berichten, die uns der Herr zuteil werden ließ.
In Köppental hat uns der Herr eine Erweckung geschenkt. In der Gebetswoche war es, als es anfing, sich zu regen. Der Herr beugte zuerst uns, seine Kinder, tief in dem Bewußtsein, daß wir Ihm nicht so zur Verfügung gestanden hatten, wie wir es hätten tun sollen. Es ist ja eine erwiesene Tatsache, daß da, wo sich die Kinder Gottes beugen, den Segnungen von oben die Türen geöffnet werden. Der Geist der Beugung und Demüttigung ging auch über auf die noch Ungeretteten, und manche von ihnen begannen um Gnade zu schreien, besonders machte sich dieses unter der Jugend bemerkbar, und manche von ihnen fanden Frieden. Später wurden dann Extraversammlungen für Neubekehrte und Suchende eingerichtet, in denen dann viele, Junge und Alte, zum Kreuze kamen, und die Kraft des Blutes Jesu persönlich an ihrem Herzen erfuhren. Fast die ganze Jugend ist aufgewacht und hat sich dem Herrn ausgeliefert. Auch in den andern Dörfern ist der Geist Gottes wirksam und haben sich Seelen bekehrt. Wir erwarten weiterhin auch noch Großes von Herrn, umsomehr, da wir wissen, daß in Südrußland, Deutschland und England viele Gebete für unser einsames Fleckchen Erde emporsteigen.
Weiter muß ich noch berichten, daß wir seit Beginn dieses Jahres mit dem Erlernen der kirgisischer Sprache beschäftigt sind. Zu diesem Zweck haben wir einen Mullah (Lehrer) gemietet, der uns täglich Unterricht gibt. Eine große Erleichterung ist für uns der Umstand, daß einige Brüder, die der Sprache schon mächtig sind, die Schriftsprache noch mit uns erlernen, wo sie uns dann eine sehr große Hilfe sind.
Seher ermutigend ist es für uns, daß die Brüder hier von den verschiedenen Dörfern regen Anteil an dem ganzen Werke nehmen und uns mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ich bin überzeugt, daß grade dann, wenn man die ganze Arbeit zu einer gemeinsamen macht, Gott Großes tun kann und wird. So wurde vor einigen Tagen in einer gemeinsamen Beratung der Brüder der Bau eines Krankenhauses beschlossen. Br. Herm. Epp, unser lieber Hauswirt, hat dann bereitwilligt einen Teil seines zwischen Köppental und Nikolaipol liegenden Grundstückes zur Verfügung gestellt, wofür wir ihm sehr dankbar sind. Der Bau des Krankenhauses ist der erste bedeutendere Glaubensschritt, der in diesem Werke getan wird. Wir glauben, daß die Errichtung eines Krankenhauses, und dann weiter die Vepflegung der Kranken, das geeignetste Mittel sein wird, um an die Bevölkerung heranzukommen. Wir empfehlen auch ganz besonders diese Sache der Mitarbeit und Fürbitte aller Kinder Gottes, welche diese Zeilen lesen.
Es wird mir immer klarer, daß nur dann, wenn man selbst persönlichen Anteil am Bau des Reiches Gottes in irgend einer Weise nimmt, das Christentum ein interessantes ist. Grade diese persönliche Mitarbeit, sei es durch Gebet oder auch auf andere Weise ist das beste Mittel, um vor Lau- und Trägheit bewahrt zu werden.
Laßt uns mit heilgem Vertrauen,
Saaten der Liebe hier streun,
Erst heißt es glauben, dann schauen,
Und seiner Ernte sich freun.
Auf Brüder, glauben heißt siegen.
Auf, Brüder, auf! Es ist Zeit!
Keiner von uns darf erliegen,
Gott hält uns Kronen bereit.
Herzliche Grüße von Br. Martin Thielman.
Nikolaipol, den 21 Febr. (6 März), Post Aulie – Ata.
Russisch Turkestan.
Rudolf Bohn. |