Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 18. Mai 1904, Seite 9. (gotisch) von Elena Klassen.
Asien, Turkestan bei Aulieata.
Wir haben einen schneelosen Winter. Infolge des sehr mäßigen Ernte ist dem Kirgisen die Nahrung knapp; bei den meisten ist Schmalhans schon längere Zeit Küchenmeister, ja bei einigen ist auch dieser bereits von Herrn Habenichts verscheucht worden. Unsere Ansiedlung wird von Bettlern stark heimgesucht; eine ungewohnte Erscheinung. Für unsere Kirgisen ist die Zukunft dunkel. Erleichternd für sie ist es, daß der Winter ohne Schnee ist, denn nun verkauft er sein Futter und erwirbt Lebensmittel. Das Vieh sucht sein Futter selbst; auch schafft der Nomade sein Brennmaterial jetzt leichter zusammen.
Montag, den 16. Februar, langten die Geschwister Jakob Dycken, Jakob Reimers, Joh. Koops und die Brüder Hein. Martens und Jakob Kroeker wohlbehalten und froh hier an. Frau Dyck, Martens und Kroeker und auch Koop waren in ärztlicher Behandlung in Simferopol. Reimer und Koop kehrten mit Lebensgefährtinnen aus der Krim (Baschlitscha) nach Hause zurück. Letztere folgten dem Rufe hierher wohl gern in die neue Heimat, doch blieb ihnen der Schmerz der Trennung von ihren zurückgebliebenen lieben Eltern und Geschwistern nicht erspart. Nach Ostern wird Abr. Janzen mit seiner Lebensgefährtin (aus Danilowka) erwartet.
In den letzten Tagen des Februar waren die Einwohner von Ghadenthal (Andreewka) bei ihrem Schulhaus beschäftigt, Pappeln zu fällen zur Vergrößerung des Schulhauses. Diese Riesenpappel erreicht hier bei uns eine Höhe bis 80 Fuß. Während nun eine derselben geschnitten ist, fällt sie an das Ende des Hauses und gleitet an der Abdachung entlang, schlägt auf die Erde und wirbelt eine Staubwolke auf. Jeder Arbeiter schien sicher. Da, wie der Staub verweht ist und man daran geht, den Baum zu zerkleinern, findet man einen Kirgisen unter demselben liegen, am Kopfe schwer getroffen. In dem Augenblicke, wie er um die Ecke sehen will, fällt der Baum und schlägt ihn zur Erde. Man glaubte gar nicht anders, als daß der Schlag ihn töten würde, ist aber wieder ganz munter.
Den 5. März wurde der alte Br. Corn. Wall (früh. Fürstenau und Friedensruh) beerdigt. Er starb in einem Alter von 64 J., 4 M., 8 T. Seine Gattin starb nach zweitägigem harten Leiden, ich denke am 14. Januar. Sie war eine geb. Elisabeth Penner. Beide hauchten ihr Leben aus, in dem wohl einige der Kinder dabei waren, aber von niemand wurde es bemerkt. Ein richtiges Entschlafen. Sie hinterlassen fünf Söhne, zwei Töchter und 18 Großkinder.
(F.St.) |