Kopie der Zeitung "Mennonitische Rundschau" vom 12. November 1884, Seite  2. (gotisch) von Elena Klassen. 
  
Asien. 
Nikolaipol,  den 5, Sept. 1884. 
Lieber  Bruder J.F.H. da jetzt endlich Nachricht von dort gekommen ist, so will ich  auch gleich Antwort darauf geben. Gestern Abend deinen Brief erhalten.  Schon  sechs Wochen haben wir gewartet,  aber vergebens; wir hatten uns auch so viel wie möglich fertig zur Reise  gemacht, gepackt, die Wagen so viel wie möglich fertig, und wirkten auch schon  mit den Pässen, dann aber sollte das Kronsgeld sein, und dann aber war all  unser Wirken aus, als nur Hoffen und Warten. Schon wollte ich auf dem  antworten, was in der „Rundschau“ war, weil aber meine l. (liebe – E.K.) Frau  nicht schreiben konnte, wegen Krankheit halber, so blieb es als heute, daß ich  zum Bruder Jakob Funk ging, der diesen Brief schreibt. Der Späte halber können  wir diesen Herbst nicht ziehen, wenn wir jetzt noch ziehen wollten, so kämen  wir erst zum Oktober zum abfahren, und es wird hier schon kühl. Und der Herbst  zeigt sich schon von Ferne. 600 Werst haben wir zu fahren, dann kommen wir am  Fluß Syrdarja da ist es schon früher kalt, dann die Wüste und ferner das  Uralgebirge, wo es immer früh Winter wird, und den Winter reisen können wir  nicht, weil es sehr theuer kommt, denn die Mitbrüder vom Trakt haben es  erfahren, was es ist in dieser Gegend im Winter zu weisen; oft so viel Schnee,  daß er vor der Achse zusammengerollt ist, und so können wir nicht, weil uns die  Kleider und dann auch sehr warm bezogene Wagen fehlen. Kommt also das Geld, so  wollen wir es aufbewahren bis zum Frühjahr, und dann mit den Anderen, die sich  schon auf`s Neue gemeldet haben, zusammen ziehen, und dann so früh wie möglich.  Ich sage dir herzlich Dank für die große Mühe, die du hast für mich gemacht,  und überhaupt für uns Alle, welches wir schon oft aus der „Rundschau“ gesehen  haben. Weil du, lieber Bruder, in der „Rundschau“ so gerne etwas von Asien  aufnimmst, so berichte ich dir Folgendes: 
Erstens  danke ich demjenigen durch dich, der für mich ein Exemplar „Rundschau“ bezahlt,  uns es mir zukommen läßt, denn ich lese gerne Nachrichten daraus; Zweitens  danke ich für die sechs Dollars welche uns zugesandt wurden (dieselben schon  erhalten) von einem Peter Regehr, wüßte ich denselben, so schrieb ich, da aber  mehrere denselben Namen haben, so danke ich demselben durch die „Rundschau“;  Drittens berichte ich Allen denen, die sich meiner erinnern, und auch die, die  wir einst mit einander selige Zeiten verlebt haben, als wir ausgingen und  suchten mehr den Fuß stapfen des Heilandes zu folgen, daß wir solche frohe Zeit  hier jetzt wieder haben. Der Herr hat seinen Geist auch hier in Asien  ausgegossen. Schon vier Sonntage nach einander haben wir Tauffeste gefeiert und  das Fünfte soll bald gefeiert werden. Wir sind alle sehr gesegnet und leben in  einer frohen Zeit; Viertens erzähle ich dir von der Ernte, welche ich schon  beendet habe; habe von 4 Dessj. 14 Battman Weizen erhalten; Hafer von 2 Dessj.  11 Battman; Kartoffeln und Gemüse hat ein Jeder hinreichend; Futter ein Jeder  für den Winter zureichend. Wir würden also hinreichend haben, weil aber noch 82  Pud Getreide Schulden sind an Ewanow, und das Getreide sehr billig ist (Weizen,  Battman 2 Rubel, 20 Kop., Hafer 1 Rubel 60), so werden die Einnahmen für diese  Jahr noch nicht groß sein. 
Kornelius  Funk. 
  
Liebe „Rundschau“! Da du gerne etwas Neues wünschest, den lieben Lesern zu  bringen, so darf ich dir etwas mittheilen, und zudem noch ein sehr wichtiges.  So ist des Herrn Werk, und wir haben schon vier Sonntage nach einander Tauffest  gefeiert; den ersten Sonntag hatten wir Vormittags zu unserer Erbahnung Luk.15,  woraus wir fanden, daß wir der verlorene Sohn wären und auch den verlorenen  Groschen wiedergefunden hatten. Nachmittag wurden getauft ein Ehemann und zwei  Jünglinge. Den andern Sonntag hatten wir Ev. Johannes 10, woraus wir fanden,  daß wir nur durch den lieben Heiland in den Himmel eingehenkönnen, denn er ist  die Thür; Nachmittags wurden getauft zwei Ehemänner, zu denen ich mich auch  zählte, und ein Jungling. Dritter Sonntag Ev. Joh. 15 wo der Heiland der  Weinstock ist, und wir durften uns freuen, daß wir die Reben sind ; Nachmittags  wurden neuen Seelen getauft, drei paar Eheleute, zwei Ehemänner und ein  Jüngling. Am vierten Sonntag hatten wir zur Erbauung Luck. 18, woraus mir viel  lernten, wie wir uns auf dem Wege, der zum Himmel führt, zu verhalten haben;  Nachmittags wurden getauft ein paar Eheleute und zwei Frauen, deren Männer  schon vorher getauft waren. Nach der Aufnahme h...ten (unlerserlich – E.K.)  wir, was der Herr einst seinen Jüngern befohlen hatte, und jetzt uns gilt,  nämlich Fußwaschen. Da uns der Sonntag zu kurz war, so nahmen wir auch noch den  Abend zu Hilfe, und hielten mit einander das heilige Abendmahl. Eine selige  Zeit haben wir gehabt, ja solche, was ich noch niemals erlebt haben. Besonders  wichtig war es mir, den lieben Heiland ganz zu genießen. Also, von einer frohen  Zeit erzähle ich dir lieber Leser , es ist mir so wochtig, daß ich oft sagen  muß: Wüsten`s doch die Leute, wie`s beim Heiland ist; sicher würde heute  mancher noch ein Christ. Dies glaube ich fest. Die Herbst-Witterung zeigt sich  schon mehr, bisweilen trübe Tage. Die Ernte ist ziemlich beendet, hin und her  stehen noch kleine Getreide Felder; die meisten haben schon eingefahren, auch  einige gedroschen; es giebt ganz gut dies Jahr, weil aber viel Schulden sind an  Ewanow, die jetzt abgezahlt werden sollen, so wird jede Familie noch nicht ganz  ausreichend Brod für das ganze Jahr haben. Einige bauen noch Häuser. Mehrere  Familien wünschen aber auch schon nach Amerika auszuwandern, wenn Gott den Segen  dazu giebt. Vorigen Sonntag, den zweiten September, wurde die Frau Franz Epp  begraben, bei der Entbindung gestorben. Der Gesundheitszustand ist diesen  Sommer gut. 
Jakob Funk 
  
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