Das Chortitzer Mennonitengebiet 1848
Willi Vogt. Mennonitische Ahnenforschung
Kurzgefasste geschichtliche Uebersicht der Gruendung und des Bestehens der Kolonien des chortizzer Mennonitenbezirkes
Vorerinnerung
Die Gemeinde ist so arm an genauen Urkunden ueber ihre Ansiedlung in Russland, dass sie schon Muehe hat den Inhalt ihres Verfahrens und ihrer Ereignisse zusammenhaengend zum Andenken fuer die Nachkommenschaft, schriftlich darzustellen; sogar von allem amtlichen Briefwechsel waehrend der Verwaltung der Herren Direktoren hier an Ort und Stelle, des Majors v. Essen, des Barons v. Brakkel und des Herrn Brigonzi, bis auf die Begruendung des Vormundschafts-Komptoirs der neurussischen auslaendischen Ansiedler in Jekaterinoslaw i. J. 1800, ist das Archiv unsers Bezirksamtes ganz leer; mithin koennen nur einzig die Zurueckerinnerung an die muendlichen Ueberlieferungen von glaubwuerdigen, schon verewigten Maennern, und ihre einfachen Notizen (Aufzeichnungen) als Leit faden zur nachstehenden geschichtlichen Beschreibung dienen.
Aus dem Grunde, dass unsere Gemeinde nur eine einzige kirchliche und buergerliche Verfassung, nur ein gemeinschaftliches urspruengliches Vaterland hat, kann ihr Ursprung und Zustand auch am fuegh'chsten nur in einer einzigen zusammenhaengenden Darstellung vorgetragen werden. Der deutlichem Fasslichkeit wegen fuer unsere Nachkommenschaft, und das Wohlgefallen, nicht weniger auch den Nuzzen unserer Kinder beruecksichtigend, ist es auch noch unumgaenglich noethig eine kleine Ausschweifung mit Erzaehlung unserer fruehern Abstammung und Erzaehlung der merkwuerdigsten Thatsachen aus der Geschichte unserer Urvaeter, dem Inhalte dieses Werkchens vorangehen zu lassen, welche ihn nicht ermuedend, sondern vielmehr noch unterhaltender machen soll.
Unsere Urgemeinde hatte die Niederlande, namentlich die Provinzen Vlammland und Friesland zu ihrem Vaterlande, woher sich auch die Benennung vlaemische und friesische Mennoniten ableitet, die bis jetzt noch, sowohl in Preussen als auch hier, in ihren Andachtsuebungen getrennt bestehen, jedoch nach Umstaenden mit Zeugnissen von den Kirchenaeltesten versehen, zu einander uebertreten koennen. Zur Zeit der Reformation in Deutschland trat ein katholischer Priester Namens Menno Simon auf die Seite der taufgesinnten Brueder, und ordnete sie unter ein festeres Band ihrer bisher bestandenen Gemeinschaft, nach welchem sich denn auch unsere Benennung "Mennoniten" ableitet. Fortwaehrend wurden unsere Vorfahren ueberall hart verfolgt, das bewog sie zum Teil ihre Zuflucht in die Bundestaedte zu nehmen, wo die buergerlichen Rechte ihnen mehr Schuz verliehen, so auch nach Danzig, von wo denn auch unsere ersten Ansiedler vor 60 Jahren ausgewandert sind. Bei Danzig machten sich unsere Voreltern verdient mit Austrocknung der Suempfe durch Kanaele- und Schleussenbau, worin sie die Geschicklichkeit aus den Niederlanden mitgebracht hatten, schon nach wenigen Jahren waren sie laengs der Weichsel bis Warschau zu mit dieser Arbeit beschaeftigt, auch laengs der Pregel und der Memel im damaligen Herzogthum Preussen. Dieser Umstand zog sie in grosser Anzahl aus den Niederlanden nach Polen hin, dessen Regierung sie nicht nur in ihrer Glaubensuebung duldete, sondern ihnen auch ganze Bezirke solcher Suempfe laengs obigem Flusse zum Erbeigenthum verlieh, die sie nach und nach urbar und zu fruchtbaren Grundstuecken umschufen.
Sie machten sich fette Viehweiden durch Einfuehrung des hollaendischen Klees, sie schafften sich hollaendische Kuehe auf diese fetten Triste an, die ihnen mehr als das Doppelte des Ertrags, gegen die einheimischen Kuehe einbrachten, ihre reinliche hollaendische Kaese und Butter fanden stets Abgang, mit einem Worte, sie wurden reiche Landwirte, und ihr Beispiel verbreitete Segen auch unter ihren einheimischen Nachbarn, die es ihnen jedoch nie gleich thun konnten. Ihre Haeuser zeichneten sich ueberall aus, nicht durch einen Anstrich, sondern durch Sauberkeit und Bequemlichkeit, ihre Felder durch Getreide- und Graswuchs, und ihr Vieh durch huebschen Wuchs und Farbe.
In solchem ausgezeichneten Zustande fanden die Russen in dem siebenjaehrigen Kriege in den drei Werdern bei Danzig, Marienburg und Elbing die Landwirtschaften unserer Vorvaeter an, die den Feldherren, hochverdienten Maennern, wie Grafen Rumanzow u.a. auffielen und bewogen, sich ueber alle Gegenstaende genau zu erkundigen, und dieser Zufall gab die erste Veranlassung zur nachherigen Auswanderung der Mennoniten nach Russland, denn als die hohe Regierung beschloss Auslaender zu der Ansiedlung in den suedrussischen Steppen zu berufen, brachte seine Erlaucht der Graf Rumanzow auch die Mennoniten in Vorschlag, und zwar mit so ruehmlichem Zeugniss, dass die hoch selige Kaiserin Katharina II. Nicht Anstand nahm, ihren bevollmaechtigten Beamten fuer das Geschaeft der Einladung von Auslaendern, Major von Trapp, mit noch einem besonderen Auftrage an die Mennoniten in Danzig Allergnaedigst zu versehen. Es war im August 1786 als obiger Beamte in Danzig eintraf, und auch bald nach seiner Ankunft dem Kirchenaeltesten der Mennonitengemeinde, Peter Epp, seinen Antrag in Hinsicht der Mennoniten mittheilte, welcher ihn mit Waerme und zur schnellen Ausfuehrung befoerderte. Schon im Oktober des selben Jahres reisten zwei Bevollmaechtigte von den Mennoniten, Jakob Hoeppner und Johann Bartsch, nach Russland ab, um in den Steppen von Suedrussland ein bequemes Stueck Land zur Ansiedlung aufzusuchen, und die Allergnaedigste Zusicherung unserer Glaubensfreiheit, nebst anderen vorgeschlagenen Beguenstigungen auszumitteln, wozu ihnen die Kosten von der Regierung verabfolgt wurden, und schon im November 1787 kehrten sie mit gluecklicher Erreichung ihres Zwekkes nach Danzig zuruek. Sie hatten sich zur Ansiedlung die Gegend bei Bereslaw, unweit Cherson, gewaehlt, wo der Weg nach der Krim vorbeifuehrt, und wo sich die zwei Fluesse, Dnepr und Konskaja, vereinigen, in denen die zwei an Gras- und Gehoelzwuchs reichen Inseln Tawan und Karro theils zu ihrem Gebiete gehoeren sollten, wofuer sie aber bei ihrer Ein wanderung, auf den ausdruecklichen Willen seiner Durchlaucht des Fuersten Potemkin, der damaligen Kriegsbewegungen halber, den Bezirk von Chortiz annehmen mussten, und somit war nun die Vorbereitung zur Auswanderung getroffen.
Auswanderung
Die ganze Zahl der Auswanderer, welche den Stamm unserer chortizzer Gemeinde ausmachten, und aus den Werdern (Niederungen) von Danzig, Elbing und Marienburg - unter ihnen an 30 Familien aus den Niederungen des Pregelflusses bei Gumbinnen - im Koenigreiche Preussen gebuertig waren, bestand aus 228 Familien, lauter armen Leuten, die ein besseres Loos fuer sich suchten, und schon im Maerz 1788 aus ihrer Heimath abreisten. Mehre zur Achse, 2 bis 3 Familien auf einer Fuhre, unter Leitung ihrer Bevollmaechtigten Hoeppner und Bartsch, die meisten zu Wasser ueber Riga bis Dubrowna in Weissrussland, wo sie denselben Sommer gluecklich ankamen, und wo sie sich des Krieges wegen mit den Tuerken, bis zum kommenden Fruehling aufhalten mussten unter guter Verpflegung von Seiten des Obristlieutenants Herrn v. Stael Erst im August 1789 langten sie am Ort ihrer Ansiedlung, in Chortiz, an, die meisten nun schon auf eigenen Fuhren, welche sich eine Menge Familien vom Ersparniss der Unterstuezzungsgelder bei Dubrowna angeschafft hatten, die Uebrigen aber den Dnepr herunter von Mogilew bis Jekatherinoslaw auf Barken und von hier auf Russenfuhren. Nun waren die Muehseligkeiten der Reise vorueber, aber mit dem Missmuthe bei dem Anblik der sie umgebenden hohen Berge, die sie fuer unbebaubar hielten, nahm nun 16 zugleich auch die Noth ihren Anfang; - auf die Bevollmaechtigten fielen die Beschuldigungen.
Lage, Beschaffenheit und Vortheil des Landes
Der chortizzer Bezirk zieht sich seiner ganzen Laenge nach gegen Osten laengs dem rechten Ufer des Dneprflusses hin, dem Gute des Herrn Mark, dem Kronsdorfe Wosnesensk, der Kreisstadt Alexandrowsk und der unserer Gemeinde zugehoerigen Kolonie Schoenwiese gegenueber; sein Flaechenraum bildet mit seiner Grenze vom Ufer im Sueden bis zu demselben im Norden einen Halbzirkel, schliesst, an die Gueter der Herren Miklaschewski, Strukow, Lukaschewitsch und Latschinow, und liegt im Gouvernemente und Kreise Jekaterinoslaw, an 70 Werste von dieser Stadt entfernt; nur allein das der Kolonie Schoenwiese angehoerige Grundstueck liegt im alexandrowskischen Kreise, von den Laendern der Buerger desselben Kreisstaedtchens, der Gutsbesitzer, und im Westen vom Dnepr umgrenzt.
Die Lage dieser ganzen Zirkelflaeche ist durchweg, sowohl das urspruenglich zur Ansiedlung bestimmte, wie auch das von Herrn Miklaschewski, i. J. 1802 angekaufte, aus 12,000 Dessaetinen bestehende Stueck, bergig, von jaehen tiefen Schluchten und Thaelern ueberall durchschnitten, welche die Landwirtschaft ungemein erschweren; und obgleich die AEkker auf den Anhoehen sich noch so ziemlich in nassen Jahren ausbeuten lassen, so bleiben sie doch stets gegen jene auf den ebenen Steppen, die durchgaengig an 4-6 Werschok Dammerde haben, und wo das Thau- und Regenwasser nicht ablaufen kann, zurueck; weit kaerglicher aber ergeben sich die auf denselben gelegenen Heuschlaege und Trifte. Die fuenf Hauptthaeler unseres Gebiets, in welche alle Nebenthaeler und Schluchten ausmuenden, und deren Baeche in manchen Fruehlingen oder nach starken Platzregen, eine nicht geringe Masse Wasser in den Dnepr ergiessen, im Sommer aber ganz austrocknen, haben auf der Zirkelflaeche von Norden nach Sueden aufgezaehlt, folgende Benennungen: 1) untere Chortiza, 2) mittlere Chortiza, 3) obere Chortiza, 4) Tomakowka und 5) Heidutschina (Schlangenthal); von den 14 Kolonien liegen fast alle in oder an diesen fuenf Thaelern, und nur drei Kolonien Einlage, Insel-Chortiz und Schoenwiese ueber dem Dnepr. Alle Bergschluchten laengs dem Dneprufer und besonders der groesste Theil der, ein eigenes Kolonial-Grundstueck ausmachenden Insel, waren mit Waldungen duester besetzt. Da gab es praechtige Hochstaemme von Eichen, Pappeln, Ulmen, Weiden, wilde Birn- und Apfelbaeumen, mitunter auch Linden und Ahorn, ausserordentlich viele Gestraeuche von Schlehhekken und Hagedorn, Hollunder u.a.m., und die ueberall wuchernden Schlingpflanzen, worunter auch viel Hopfen, machten die Waelder fast unzugaenglich; auch wilde Weinreben wachsen bis heute noch auf obiger Insel.
Diese Urwaelder sind alle, ausser noch hin und wieder einigen alten Staemmen, dahin, die heutigen huebschen Waeldchen, die eine Grundflaeche von ueberhaupt 819 Dessaetinen einnehmen, sind alle nur ein junger Anflug seit 25 Jahren, wo Ordnung und Aufsicht eintrat, zu dieser Schoenheit emporgewachsen, der alte Wald erlag endlich den aeussersten Beduerfnissen und Willkuehr der Ansiedler. Der Dneprfluss liefert zwar einen Vorteil im Fischfange, aber nur einen so kaerglichen, dass er den angrenzenden 4 Dorfgemeinden von Einlage, Rosenthal, Insel-Chortiz und Schoenwiese einen jaehrlichen Pachtertrag zusammen von nicht mehr als 45 R.S. abwirft. Bei der Kolonie Rosengart hat man erst kuerzlich ein Kalksteinlager entdeckt, aus welchem bereits ein Bruch fuer 2 Kalkoefen begonnen hat. So ist der Naturzustand unserer Steppe beschaffen, die mit dem Grundstuekke von Schoenwiese auf dem jenseitigen Ufer des Dnepr, zusammen einen Flaechenraum 32,707 1/2 Dessaetin taugliches, und 5134 Dessaetin untaugliches, letzteres aus Sandflaechen laengs dem Dneprflusse und aus nur meistens thonhaltigen Erdfaellen laengs den Bergschluchten bestehendes Land enthaelt, auf welcher vor unserer Ansiedlung nur etliche Familien Kronsbauern, auf dem Plazze der Kolonie Chortiz gesessen und noch sieben bewohnbare Huetten zurueckgelassen hatten.
Ansiedlung im Jahre 1790
Auf dem urspruenglich bestimmten Bezirke von Chortiz, bestehend aus 42,235 Dessaetinen, liessen sich obige 228 Familien in 8 nachbenannten Kolonien nieder, aber vom Hauserbau konnte da noch keine Rede sein, es mangelte an den Mitteln dazu. Erdhuetten waren ihre Wohnungen. Das zu verschiedener Zeit in kleinen Theilen verabfolgte Geld, zu 34 Rub. auf die Familie, auch noch weniger, wurde aufgezehrt, auch dazu von dem in geringer Guete bestehenden Holze viele Balken, zu demselben Zwekke, verkauft, und der angestekte Wahn, das Land tauge nichts, es muesse ein besseres aufgesucht werden, hemmte fast alle Thaetigkeit. Erst 4 Jahre darauf begann der Haeuserbau, freilich noch unregelmaessig und ohne Betriebsamkeit. Die Gesellung der Familien in Dorfgemeinden, und die Auswahl der Ansiedlungsplaezze, ging mit freiwilliger Uebereinkunft von statten.
Die entstandenen Kolonien koenlen am fueglichsten in folgender Ordlung aufgezaehlt werden:
1)
Chortiz, im Gipfel des Tales 'obere Chortizza', davon
auch ihre Benennung abstammt, ziemlich oegelmaessig angelegt, hat in ihrer, von
hohen Bergen umringten Lage, ein recht angenehmes Aussehen. Die Ausrottung des
finsteren Eichwalles durch die ersten Ansiedler, von velchem auf der Spizze des
Thales loch ein kleiner Ueberrest mit einem ungen Auffluge steht, ist spaeter
von ihnen und ihren Kindern durch Anpflanzung von Baumgaerten nehmlichst entschaedigt
worden. Auf die Vertheilung des Landes in Grundstuecke wurde damals noch nicht
gedacht; ein Jeder pfluegte und erntete Heu wo er wollte, aber immer nur ganz
in der Naehe der Kolonie; erst einige Jahre spaeter wurde der Bezirk in Dorf-
und Nachbargrenzen vermessen. Urspruengche Ansiedler an der Zahl 34.
2)
Rosenthal, Wohnort des Depurtirten Bartsch, in demselben
Thale "untere Chortizza", wo sich dasselbe angenehm erweitert, und durch seinen
Ausgang gegen den Dnepr in 2 Armen eine mit einer kleinen Gruppe junger Eichen
besezte, durchweg aus einem sandigen Boden bestehende, nur spaerlichen Graswuchs
hervor bringende Insel, "der Schweinskopf" genannt, bildet. Ihre Benennung bekam
sie von dem daneben liegenden Thale, in welchem spaeter, auf Verordnung des Herrn
v. Contenius, die Gemeinde plantage angelegt wurde, wo viele wilde Rosen wuchsen.
Ihr Aussehen wird sehr verringert durch ihre verstreute Anlage, ungeachtet ihrer
im Durchschnitt recht schoenen Hoefe, weil das Dorf in einer Ekke des Grundstueks
liegt, ist der Anbau ihrer Felder sehr erschwert. Die Anpflanzung kommt im Thale,
der Salpetererde wegen, nur sehr muehsam fort, wogegen die Gaerten auf den hoeheren
Plaezzen recht huebsch aussehen. An besonderen Eigen schaften besitzt sie auch
auf den jenigen Stellen laengs dem suedlichen Ufer des Thales, wo frueher Urwaelder
waren, jezt einen recht huebschen jungen Anwuchs, auch hat sie einen kleinen Fischfang
auf dem Dnepr, der ihr in der Pacht 6 Rub. Sueb. jaehrlich einbringt. Die Zahl
ihrer ersten Wirte war 20.
3)
Insel-Chortiz, Wohnort des Deputirten Hoeppner, der
sogleich diese Insel gleichen Namens, die einen Flaechenraum von 7 Werst Laenge
und 3 Werst Breite enthaelt, mit noch 11 Familien bezog, auf welcher damals 2
Chaten fuer die Hueter des Waldes, und des vom Fuersten Potemkin angelegten Gartens,
standen. Die Kolonie Liegt hart am Ufer des Linken Dneprarmes, mit dem jaehen
Rande der hohen Steppe gleich einer Burg im Ruekken. Vor Ueberschwemmung bei ausserordentlich
hohem Wasserstande des Dnepr nicht hinlaenglich geschuezt, in ihrem Aussehen aber,
durch die niedlichen Baum- und Gemuesegaerten, recht angenehm. Die ganze Insel
enthaelt einen sandigen Boden, dessen Saatfelder in nassen Jahren zwar einen so
ziemlichen Gewinn einbringen, in duerren und heissen Sommern aber die Arbeit,
Muehe und Kosten nicht lohnen. Auch das Gras auf den Triften steht sehr duenn,
aber recht gedeihlich fuers Vieh, mit dem schoenen Traenkwasser im Dneprflusse.
Besondere Vor-theile hat die Gemeinde noch an dem jungen Waeldchen und Fischfange,
der jedoch nur ein Nebengeschaeft ausmacht und nicht mehr als 12 Rub. Silb. jaehrlich
an Pacht eintraegt. Der grosse auf der untern Spizze der Insel befindliche Wald
ist kein Eigenthum dieser Kolonie, sondern gehoert der ganzen Chortizzer Gemeinde
an, die auch einen Hueter darin unterhaelt, nur die Grasplaezze im ganzen Walde
benuzt diese Gemeinde ausschliesslich zu Heuschlaegen. Erste Zahl der Ansiedler
12.
4)
Einlage, seiner Lage wegen, an einer Kruemmung des
Dnepr, nach einem Dorfe gleichen Namens, in aehnlicher Lage, an der Nogat in Preussen
also genannt, fand bei ihrer Niederlassung eine einzige Bauerhuette, unweit der
Ueberfahrt von Kitschkas, wo eine Tschumakkenstrasse aus Polen nach dem Don durchfuehrte.
Auch fand sie Ufer und Seitenthal, mit den schoensten Eichen, wilden Birn- und
Apfelbaeumen duester besezt, denen aber ein gleiches Schiksal der Ausrottung widerfuhr,
und welche gegenwaertig durch die Pflege des jungen Zuwachses und Anpflanzung
von Baumgaerten ersetzt werden. Auch hier ist der Fischfang nur eine Nebensache
mit einem jaehrlichen Einkommen aus der Pacht von 18 Rub. Silb. Diese Kolonie
liegt ebenfalls auf dem aeussersten Ende ihres Grundstuekkes, welches seinen besten
Boden auf dem Hintertheile und einen sandigen auf dem Vordertheile um das Dorf
herum hat, der jedoch, besonders im Fruehlinge, wo das Gras fruehe hervorkommt
und bei hinlaenglicher Feuchtigkeit stark wuchert, so ziemlich weidet, bei eintretender
Hizze aber verschwindet. Das Dorf ist an 2 Werst lang und seine Lage, der Kruemmung
des Thales und der Felsengruppen wegen, ganz unregelmaessig, uebrigens steht es
durchaus nicht zuruek an schoenen Haeusern und am Wohlstande, und ein Freund der
Natur wird bei der Durchreise den Wechsel der durchschnittlich huebschen Haeuser
mit Baumgaerten, hohen mit jungen Eichen bedekten Felsen recht ueberrascht und
anziehend finden. Erste Ansiedler 41.
5)
Kronsweide, eine von den Ansiedlern freiwillig angenommene,
aus der Natur abgeleitete Benennung, urspruenglich am Ufer des Dneprs auf einer
Felsenflaeche angebaut, wo weder Baum noch Kuechengewaechs gedieh; wo ihre Aussicht
unfreiwillig an die Wueste Arabiens erinnerte, wesshalb sie auch, aber erst im
Jahre 1833, und aus Mangel an einem bequemen Ansiedlungsplazze, in eine tiefe,
schmale Schlucht, einen Arm des Thales Heidutschina versezt, und nur 6 Wirte auf
ihren alten Stellen an einer kleinen, tiefen, von ihnen bepflanzten Schlucht zurueckgelassen
wurden. Dieses Dorf scheint nun wie foen den. Dieses Dorf scheint nun wie von
der Erde verschwunden zu sein, das Thaelchen macht sich dem Auge schon ganz in
seiner Naehe kaum bemerkbar, seinen innern Schaz verbirgt es so lange, bis man
erst am Rande hinunter auf die Gruppe der recht ordentlich eingerichteten Haeuser,
die auf den Abhaengen prangenden Obstgaertchen und die hin und wieder verschont
gebliebenen, duesterbelaubten wilden Birnbaeume hinabblikt. Ein Dichter wuerde
hier grossen Stoff zur Begeisterung finden, die Bewohner aber finden ihre stellenweise
sehr jaehe gekruemmte, der steten Ausbesserung beduerftige Dorfstrasse zum Einfahren
der Feldfruechte sehr beschwerlich, dennoch stehen sie an Erwerbsamkeit nicht
zuruek, und waren stets ein den Vorgesezten gehorsames Voelkchen, der friesischen
Partei angehoerig. Stammeinwohner 35.
6)
Neuenburg, ihr Name aus Preussen abstammend, liegt
im Gipfel des Thales Heidutschina, ist auch erst in ihrer Naehe dem Auge anschaulich
und gerade an der grossen, in ihrer Mitte durchfuehrenden Strasse nach der kitschkasser
Ueberfahrt, am unansehnlichsten, jedoch am Wohlstande und auch an Anpflanzung
nicht zurueckstehend. Ihr Grundstueck ist eins von den ebensten und vorzueglichsten.
Uransiedler 16.
7)
Neuendorf, ihr Name gleichfalls aus Preussen uebertragen,
liegt im Gipfel des Thales Tomakowka, laengs seinen Kruemmungen, die ihr Aussehen
sehr verringern, welches sie bei einer regelmaessigen Anlage, mit ihren recht
guten Haeusern und Baumgaerten, haben wuerde. Auch sie liegt am Rande ihres Grundstuekkes,
das von recht guter Eigenschaft und in seiner flachen Abdachung gegen das Dorft
hin recht bequem und ergiebig ist. Urspruengliche Wirte 38.
8)
Schoenhorst, ihr Name ebenfalls aus dem Werder in Preussen,
auch an der Tomakowka unter Neuendorf, unregelmaessig an dem Rande ihres, dem
neuendorfer an Eigenschaft und Bequemlichkeit ganz aehnlichen Grundstuekkes, angebaut.
Erste Ansiedler an der Zahl 32. So war denn unsere Stammgemeinde in obige 8 Kolonien,
und aus ueberhaupt 228 Familien, durch die mehrbenannten 2 Deputierten, unter
der Aufsicht des Majors v. Essen, angesiedelt, und in ein gemeinschaftliches Band
zur Befoerderung ihrer Wohlfahrt in natuerlicher und sittlicher Hinsicht verknuepft,
denn auch ein Lehrerpersonal war schon ausgewaehlt, welches die Andachtsuebungen
unterhielt, und ein Kirchenaeltester wurde ihr 1795 eingesegnet, durch einen von
Preussen zu diesem Zwekke angereisten Oberhirten. Herr v. Essen wurde bald nach
der Ansiedlung durch einen gewissen Baron v. Brakkel im Amte ersezt, welcher durch
seine Festigkeit schon mehr Achtung den Ansiedlern einfloesste, und auch ihren
Haeuserbau etwas strenger befoerderte.
Zusiedlung im Jahre 1797
In den Jahren 1793-1796 reisten immer noch neue Transporte Mennoniten aus Preussen an, ueberhaupt 118 Familien, welche groesstentheils in den chortizzer Kolonien, der Ueberrest aber, wegen Mangel an Raum in den wenigen Haeusern, im Staedtchen Alexandrowsk einquartiert wurden. Diese neuen Ankoemmlinge werden die zweite Auswanderung genannt. Da einige von diesen Leuten etwas eigenes Geld auch Vieh deutscher Rasse mitgebracht hatten, und zu Zeiten Unterstuetzungsgeld erhielten, so floessten sie schon ein kleines Leben den erstarrten Gliedern der Stammgemeinde ein, die nun zugleich auch noch so gluecklich war, 160 Rubel baar auf jede Familie an rueckstaendigem Vorschussgelde zu erhalten, welche der Aufbauung sehr zu statten kamen, wovon sie zugleich auch milde Beitraege der Erbauung des ersten hoelzernen Bethauses, zur bequemeren Abhaltung des Gottesdienstes, einsammelten. Erst i. J. 1797 unter der Leitung des Herrn Brigonzi, fand die Ansiedlung der lezten Auswanderer von 118 Familien statt, von denen sich 86 in den alten chortizzer Kolonien anbauten, die uebrigen 32 aber folgende 2 neue Kolonien begruendeten.
1)
Schoenwiese, ihr Name aus Preussen hergeleitet, von
dem Kreisstaedtchen Alexandrowsk nur durch das, sich in den Dnepr ergiessende
Fluesschen Mokraja getrennt, mit 17 Familien, die schon eine vollstaendige Gemeinde
mit ihrem Kirchenaeltesten Heinrich Janzen ausmachten, der auch sogleich die Gemeinde
von Kronsweide in sein Kirchspiel zog. Sie besassen ein kleines eigenes Vermoegen,
durchschnittlich von 350 Rub. auf die Familie. Ihr Grundstueck enthaelt 1401 Dessaetin,
macht einen schmalen Streifen aus, dessen dritter Theil auf der aendern Seite
des Fluesschens Mokraja liegt, und daher sein Anbau sehr erschwert ist. Dagegen
sind ihre Kuechengaerten laengs des Fluesschens, sehr ergiebig, deren Fruechte
ihnen die Stadtbewohner mit gutem Vortheile abkaufen, und der Heuschlag ungefaehr
das Drittel des ganzen Grundstuekkes, besteht aus einer sehr huebschen an dem
Dneprflusse liegenden Niederung mit Baumgruppen von Eichen, Pappeln und Weiden
besezt. Diese Gemeinde hat sich bis jetzt recht schoen aufgebaut, und nun die
Einrichtung eines geraeumigen Bethauses begonnen.
2)
Kronsgarten, ein auf die Schoenheit der Natur hindeutender
Name, von den uebrigen 15 Familien angebaut im nowomoskowskischen Kreise, am Fluesschen
Kilschin, das in den Dnepr muendet, an 12 Werst von ihrer Kreisstadt Nowomoskowsk,
und an 15 Werst von der Gouvernementsstadt Jekatherinoslaw entfernt, der friesischen
Gemeinde angehoerend, war schon frueher recht huebsch, ganz der Schoenheit ihres
Namens entsprechend, angebaut, aber zu niedrig, bei hohem Wasserstande der Ueberschwemmung
ausgezt, wesshalb sie gegenwaertig auf eine hoehere Stelle, dauerhaft aus gebrannten
Ziegeln, umgebaut ist; sowohl Wohnhaeuser, als auch Bet- und Schulhaus. Sie besizt
ein fruchtbares Grundstueck mit einem Waeldchen, und einem kleinen Fischfange
auf dem Kilschin, der jaehrlich 8 Rub. Silber an Pacht eintraegt. Diese Gemeinde
wurde erst im Jahre 1843 der Verwaltung des chortizzer Gebietsamtes uebertragen.
Begruendung neuer Kolonien durch Versezzung alter Ansiedler, unter dem Oberschulzen Peter Siemens, auf neue Plaetze, von 1803-1812
In dieser Zeit mussten auch die beiden Deputierten, Hoeppner und Bartsch, abtreten.
Maenner, die an Verstand und Betriebsamkeit weit hervorragten, und erst nach einer
langen Zeit durch einen recht thaetigen Mann der Gemeinde ersezt wurden. Unwissenheit
und Neid waren einzig schuld an ihrem Unglueck, und da sie in ihrem Leben nicht
gerechtfertigt worden sind, so ist die Geschichte verpflichtet! solches nach ihrem
Tode zu thun, zur Kenntniss fuer die Nachkommenschaft. Weiter fiel nichts Bemerkenswerthes
vor, Nachlaessigkeiten ueberall dauerten noch immer fort,j nur mit Versezzung
von 66 Familien aus den alten Kolonien, auf das! durch die Krone im Jahre 1802,
von Herrn Miklaschewski angekaufte l Land, zuerst in nachstehende 2, und! dann
in 3 Kolonien, wurde wieder eine kleine Veraenderung im schlummernden Gange der
Geschaefte zu Tage befoerdert.
1)
Burwalde, ein Name mit verstimmter Vorsilbe durch die
platte! Sprache, sollte nach einem Dorfe in Preussen Baerwalde heissen, im Jahre
1803 in der Muendung des Thales Chortizza, mit 27 aus den alten! Kolonien gezogenen
Familien, die an Unterstuezzung von der Krone ueber-1 hauot 1040 Rubel Banko und
10l Frei jaehre Zuwuchs erhielten, angelegt, besitzt in den schmalen Schluchten
einen schoenen, jv Anwuchs von Waldbaeumen an Stelle! des alten Urgehoelzes, aber
ein! Grundstueck von sehr gebirgiger Lage. Die Ansicht der Kolonie ist wegen der
Verengung und Kruemmung des Thales nach dem Masse ihrer gut ausgebauten Hoefe
Baumgaerten, nicht so angene hat aber fleissige, wohlhabend Wirte.
2)
Niederchortiz, der Name vo dem Thale niedere Chortizza,
dessen Muendung es Hegt, abgeleib wurde ebenfalls im Jahre 1803 mit 2 Wirten,
aus den alten Ansiedle mit ueberhaupt 1000 Rubel Ba Unterstuetzung, und einer
Zu von 10 Freijahren, begruendet, weite Verflachung des Thales dieser Kolonie
eine recht schoene, sieht, unerachtet sie an guten Hoefei den aendern Kolonien
nachsteht, den letzten Jahren jedoch hat sich ziemlich gehoben, wie im Au sehen,
so auch in der Betriebsamkeit, auch hat sie schon nie liehe Baumgaertchen. Der
Boden ihres Grundstueckes ist nach dem Dnepr zu auf einer grossen Flaeche sandig,
und in trokkenen Sommern schlecht ergiebig, so wie ueberhaupt das ganze Grundstueck
seiner schiefen Lage wegen, wo das Wasser ablaeuft, nicht am fruchtbarsten ist.
3)
Schoeneberg, oben auf dem Ufer des Thales niedere Chortizza
angebaut, woher also ihr Name kommt. Im Jahre 1816 wurden 14 Wirte aus der Kolonie
Niederchortiz, die noch immer nicht aufkommen wollten, gezogen, und mit denselbigen,
unter Mithilfe an Fuhren und Arbeit, diese Kolonie angelegt, die im Verlauf der
Zeit bis jetzt recht ordentlich gediehen ist. Ihr Wert an Haeusern und Gaerten
steht gegen die meisten Kolonien nichts zuruek. Ihr Grundstueck ist ziemlich fruchtbar,
und wird fleissig angebaut.
4)
Kronsthal, welcher Name von den alten 2 Kolonien Kronsweide
und Rosenthal, aus denen ihre ersten 12 Wirte abstammen, zusammengesezt ist. Die
Kolonie wurde im Jahre 1809 in dem Thale mittlere Chortizza, nur mit Privatunterstuezzungen
von 51 Hub. Banko auf jede Familie und Fuhren, angelegt, und hat jezt mit ihren
gut angebauten Haeusern und Gaerten, und mit ihrer geraden Strasse durch den Haupttheil
derselben, fast das beste Ansehen, auch ihr Grundstueck ist eins der besten, und
wird gut bearbeitet.
5)
Neuosterwik, von dem Dorfe Osterwick in der danziger
Niederung also genannt, wurde im Jahre 1812 angelegt aus den alten Kolonien gezogenen
Wirten, im Gipfel des Thales mittlere Chortizza, mit einer baaren Unterstuetzung
von 50 Rub. B. privatim auf die Familie. Sie steht in ihrem Aussehen, der Kruemmungen
des Thales wegen, gegen Kronsthal zuruek, hat jedoch auch gute Haeuser und Gaerten,
und baut fleissig ihre Felder an.
Gruendung 3 neuer Kolonien auf dem zuletzt noch ueberfluessigen Lande 1824
So standen von 1812-1824, auf dem Lande des chortizzer Bezirkes, jekatherinoslawschen
Kreises (Schoenwiese im Alexanderowschen Kreise nicht mitgezaehlt), ueberhaupt
13 Kolonien mit 314 Wirtschaften, vollstaendig da, mit einer Nuzniessung von 100
Dessaetinen auf jede Wirtschaft. Nun aber trat im Jahre 1823, mit dem neuen Oberschulzen
Isaak Toews, einem in seinen Hand lungen ernsten Manne, ein neuer Abschnitt der
Verwaltung ueber die Gemeinde ein, die dem geschaeftlichen Leben einen Aufschwung
gab. Dieser veranstaltete eine neue Vermessung des Bezirkes, und besiedelte 1824
das ueberfluessige Land, nachdem er vorher 1943 Des. fuer die Gemeindeschaeferei,
zur Unterhaltung der Stammherde, abgetheilt hatte, mit 114 Familien, den hoffnungsvollsten
Maennern aus der Zahl der Kleinhaeusler; 65 derselben wurden nach dem Masse des
ueberfluessigen Landes den alten Kolonien zugesiedelt und 49 bildeten folgende
3 neue Kolonien:
1)
Rosengart, mit diesem Namen zielte der Oberschulze
auf die Schoenheit, die aus der Anlage dieser jungen Gemeinde werden sollte, im
Thale mittlere Chortizza, oberhalb Burwalde, angelegt ohne Unterstuetzung, weil
diese jungen Ansiedler von Kronsschulden frei waren, mit 22 Wirtschaften, nicht
mit ueberspannten, sondern nur einzig das Wohl der Ansiedler bezwekkenden Bedingungen,
wodurch aus den urspruenglich kleinen Haeuschen, durch fleissige Ausbeute des
Landes mit der Zeit stattliche Hoefe und ansehnliche Baumgaerten entstanden sind.
Die Eigenschaft des Landes ist nur mittelmaessig, der tiefen Schluchten wegen,
die es durchkreuzen, in denen sich laengs dem Dneprufer auch etwas junges Gehoelz
befindet. Bei dieser Kolonie hat der vorerwaehnte Kalksteinbruch begonnen, der
weiterhin gewiss einen ziemlichen Ertrag abwerfen wird.
2)
Blumengart, so genannt von den Blumen, mit welchen
der Ansiedlungsplaz bedekt war. liegt im Thal niedere Chortizza. zwischen Schoeneberg
und Nieder-Chortiz, mit 14, durch Fleiss zu einem ziemlichen Grad des Wohlstandes
sich erhobenen Wirtschaften, auf einer Steppe von nur mittleren Eigenschaften,
der Berge wegen.
3)
Neuhorst, ein zusammengesezter Name von Neuendorf und
Schoenhorst, aus welchen beiden Kolonien ihre 13 Wirte abstammen, liegt oberhalb
Neuendorf, im Gipfel desselben Thales Tomakowka, besizt ein bequemes Stuek Land,
und ist durch fleissigen Anbau zu recht ansehnlichen Hoefen, Gaerten und Vermoegen
gekommen.
Hauptverzeichnis saemtlicher Kolonien und Wirtschaften
Nachdem nun, laut obiger einzelnen Beschreibung, alle unter der Verwaltung des chortitzer Bezirksamtes stehenden Laendereien zu 65 Dessaetinen, auf jede Familie besiedelt worden sind, mit Ausnahme einer Verguenstigung der Behoerde fuer die 2 Kolonien Burwalde und Schoenwiese, wegen unbequemer, den Anbau erschwerender Lage ihrer Grundstuecke, erstere mit einer Zulage von 325 Dessaetinen ueberzaehligen Landes, und letztere Schoenwiese, mit Versezzung von 4 Familien nach der Molotschna, besteht gegenwaertig die Gesamtzahl aus folgenden Kolonien mit ihren Wirtschaften:
Im jekatherinoslawschen Kreise: Wirtschaften
1) Chortiz mit 39
2) Rosenthal mit 35
3) Rosengart mit 22
4) Burwalde mit 27
5) Blumengart mit 15
6) Nieder-Chortiz mit 29
7) Insel-Chortiz mit 18
8) Einlage mit 36
9) Kronsweide mit 26
10) Neuenburg mit 18
11) Neuendorf mit 45
12) Neuhorst mit 13
13) Schoenhorst mit 36
14) Kronsthal mit 18
15) Neuosterwik mit 30
16) Schoeneberg mit 18
Im alexandrowschen Kreise:
17) Schoenwiese mit 14 '"
Im nowomoskowskischen Kreise:
18) Kronsgarten mit 15
ueberhaupt mit 460 Wirtschaften
Neben den 460 Landwirten befinden sich noch 673 wirtschaftslose Familien (Kleinhaeusler), zusammen mit einer Voelkerschaft von 7217 Seelen.
Urspruengliche Ursachen schaedlicher Folgen
Aller Anfang ist schwer. - Die Wahrheit dieses Spruches hat sich ganz vorzueglich bei der Ansiedlung unserer Stammgemeinde bewahrt, und die urspruengliche Ursache aller hartnaekkigen Hindernisse des Werkes war Unwissenheit.
Ihre Armut kann im Grunde nur als Nebensache gelten. Den Beweis hiervon gaben einige Familienvaeter, die sogleich friedlich und fleissig das Werk angriffen, schon in Haeusern wohnten und nahrhafte Kost ihrer eigenen Erzeugnisse genossen, als die unzufriedene Masse in ihren Erdhuetten noch haemisch um ihre Schuesseln mit Suppe von halbvermoderten Magazinmehle sassen.
Aus der Unwissenheit gingen hervor Missmuth, Misstrauen, Missbrauch und Erschlaffung, welchem Uebel die beiden Deputierten Hoeppner und Bartsch, die faehigsten Maenner ihrer Zeit, in ihrer Gegenwirkung endlich unterliegen mussten. Leute aus dem Dienst- und Arbeitsstande, mit der fixen Idee, Bequemlichkeit und Wolfahrt, aehnlich ihren fruehern Brotherren, in Russland zu finden, mussten sich natuerlich bei dem Anblikke der unangebauten hohen Berge in ihrer ueberspannten Erwartung sehr getaeuscht finden. In dieser Unzufriedenheit ueber die bergige Lage des Landes gesellte sich bald noch eine ungewoehnliche Sterblichkeit, Mangel an Nahrung und Kleidung, welche zusammen das Uebel zu solchem Grade steigerten, dass es gleich der Auszehrung, nur durch die Laenge der Zeit geheilt werden konnte, worueber etlich und dreissig Jahre verliefen.
Schaedliche Ereignisse
Zu einem voelligen Misswachse im ganzen Bezirke kann eigentlich nur das Jahr 1833 gezaehlt werden, aber durch die Jahre 1823, 24, 42 und 45 gaben nur sehr kaergliche Ernten an Getreide und Heu, so dass grosse Summen zur Anschaffung dieser Beduerfnisse auswandern mussten.
Die Missernten in den ersten Jahren, wo die geringe, immer allzuspaete Saat auf dem Halme entweder von der Hizze ausbrannte, oder von den haeufigen Zieselmaeusen aufgezehrt wurde, koennen hier gar nicht in Anschlag kommen.
Das haeufige Viehsterben in den ersten 15 Jahren, wollen wir auch durchschnittlich richtiger der Nachlaessigkeit, wodurch das Vieh wenig und verdorbenes Futter bekam, zuschreiben; spaeter jedoch, als schon bessere Sorgfalt stattfand, buesste die Gemeinde mehre Male den groessten Theil des Hornviehbestandes durch Seuchen ein, vorzueglich in den Jahren 1804, 9, 10, 13, 28, 33 und 1845 die Kolonie Kronsweide allein ueber 2/3 des Bestandes. Diese Krankheiten brachen fast immer laengs der Tschumakkenstrasse, ohne Zweifel von dem fremden Viehe angesteckt, aus, und verbreiteten sich spaeter ueber den ganzen Bezirk. Durch Ueberschwemmungen bei hohem Wasser des Dnepr litten i. J. 1820 nur 3 Kolonien: Insel-Chortiz, Rosenthal und der niedere Theil von Einlage, 1829 und 41 Rosenthal allein, am meisten durch Verwuestung ihrer niedern Gaerten, 1845 aber, wo der Dnepr hoeher stieg, denn seit Menschengedenken, wurden die 4 Kolonien Einlage, Rosenthal, Insel-Chortiz auch Nieder-Chortiz hart beschaedigt. Das Tal worin Einlage liegt, wurde durch den Riss des Dammes ganz ueberstroemt und 20 Haeuser zerstoert mit einem Schaden von 8,922 R. 14 Kop. Obige Haeuser sind aber schon wieder, theils durch baare Unterstuezzung, theils aus einer Sammlung freiwilliger Beitraege auf sichere Plaezze, in besserem Zustande als frueher, ersezt und der Damm weit hoeher aufgefuehrt worden.
Die Gemeindebranntweinbrennerei, die frueher in Einlage stand, wurde an ihren Gebaeuden und Einrichtung so beschaedigt, dass sich ihr Schade auf 2,409 R. 43 Kop. belief.
Rosenthal erlitt einen Schaden von 2,491 R. 38 Kop., aber nur 4 Wirte konnten, in Ermangelung des Raumes, ihre Hoefe auf sichere Plaezze umsezzen. Den groessten Theil der Heuschlaege der Niederung hat der Strom mit einer Sandflaeche bedekt, die hohen Stellen aber mit angepflanzten Weidengestraeuch ganz bewachsen ist, und welche die Gemeinde gegen die frueher erwaehnte, zur Trift dienende Insel, der Schweinskopf genannt, mit einem 1,120 Faden langen Graben einhegt, und mit Hilfe aller Dorfgemeinden, auf dem untern Ende des Thales einen Damm aufgefuehrt hat zur Verhuetung einer fernem Ueberstroemung.
Auf Insel-Chortiz wurde der Schaden an den Haeusern, deren mehre fast bis an die Daecher im Wasser standen, aber doch, weil sie der Strom nicht traf, stehen blieben, ueberhaupt auf 430 R. 59 Kop. taxiert; einen groessern Schaden aber hat diese Gemeinde durch Versandung des groessten und besten Theiles ihrer Heuschlaege im grossen Walde erlitten. Die Haeuser mussten alle wegen Mangel an Raum auf ihren Stellen stehen bleiben, die Strasse dagegen ist laengs dem Ufer stark erhoeht worden.
Nieder-Chortiz stand auch meistentheils unter Wasser, und hat einen Schaden von 1221 R. 67 Kop., wollte aber, der grossen Muehe und Kosten wegen, nicht umsiedeln, sondern sich lieber durch einen Erdwall fuer die Zukunft schuezzen.
Der Schaden durch die lezte Ueberschwemmung 1845 belaeuft sich demnach auf 15,476 R. 21 Kop. Silber.
Durch zeitweise, mitunter auch verheerende Hagelschlaege, auch durch Foeuersbruenste hat die Gemeinde mehre bedeutende Beschaedigungen erlitten. Im Jahre 1811 brannten in Einlage auf einmal 3, in Schoeneberg 1823, ohne das Schulhaus, 6 Hoefe ab. Die Folgen von leztern Ungluecksfaellen sind, da die erlittenen Verluste mit 2/3 aus der Brandkasse entschaedigt werden, um so eher voruebergehend, da ueberhaupt eine so eng verbundene aus fleissigen, gehorsamen Gliedern bestehende Gemeinde, in Friedenszeiten sich von jedem Schlage immer bald wieder erholt, unter Mithilfe selbst der Natur, die ja in ihrer Ordnung, auf Sterblichkeit und Misswachs, wieder um so groessere Fruchtbarkeit folgen laesst. An Naturbegebenheiten hat die Gemeinde 2 leichte, ganz unschaedliche Erderschuetterungen erlebt, die eine schon im Jahre 1799, und die lezte am 11. Januar 1838, 9 Uhr abends, einige Minuten lang, in der Richtung von Westen nach Osten, mit einer Wirkung, die Menschen und Vieh in Schrekken sezte, und die Waserquellen merklich staerker ergoss.
Guenstige Verhaeltnisse
Unsere Gemeinde befand sich, wie aus dem vorhergehenden zu ersehen, in einer sehr verhaengnisvollen Lage, besonders bis 1793, die ihr den Untergang drohte, da kamen einige neue Transporte Mennoniten, zusammen 118 Familien, mit einem kleinen eigenen Vermoegen, aus Preussen an, die brachten durch Anschaffung ihrer Beduerfnisse und Haeuserbau schon etwas mehr Geld in Umlauf, und wo Geld ist, da ist auch Muth. Der Haeuserbau begann nun allgemein, der Feldbau vermehrte sich, und schon ass man sein eigenes Brot, da kamen wieder neue, und zwar stattlichere Auswanderer aus Preussen, die zuerst in unseren Kolonien Quartier nahmen, und sich dann an der Molotschna ansiedelten.
Im Jahre 1803 wanderten 179, das Jahr darauf 146 Familien aus Preussen ein, die brauchten Stuben, Staelle, Brot und Futter, und bezahlten baar. Dieser glueckliche Zufall gab eine Kraft in das wirtschaftliche Leben, die nicht mehr dahin sank. Nicht nur bei der Anwesenheit dieser wohlhabenden Gaeste kam immer frisches Geld in Umlauf, sondern auch bei ihrer Ansiedlung zogen noch viele unserer Ansiedler durch den Haeuserbau gute Verdienste von ihnen, und in eben dem Masse stieg durch den Verkehr die Sittlichkeit. In so verbessertem Zustande, an Haeusern, Vieh und Geraethen, stand unsere Gemeinde, auch hatte sie schon eigene Kornmuehlen, als zulezt noch die spanische Schafzucht aufkam, die das Werk vollendete, und aus der Ertraeglichkeit eine Wohlhabenheit machte. Dieser so begluekkende Zweig nahm seinen Anfang im Jahr 1803, mit 30, durch Vermittlung des Herrn Oberrichters des Vormundschafts-Comptoirs, Herrn v. Contenius, von der Krone geschenkten Stammthieren, 15 Boekken und 15 Muettern, und aus der Paarung dieser Boekke mit russischen Schafen und dem spaeteren Zukauf von Sprungboekken von Herrn Stieglitz in Zarskoje-Selo und aus Sachsen, ging endlich eine Herde hervor, die fuer eine Geldgrube der Gemeinde in jenen Jahren gelten konnte, wo die Akker, wegen Niedrigkeit der Getreidepreise, ihren Anbau noch nicht belohnten. Zwar hatte die Schafzucht auch flaue Jahre, aber immer stieg sie wieder von ihrem Falle gluecklich empor. So brachte auch der Umstand, dass die umliegenden Gutsbesizzer noch lange Anstand nahmen, sich mit diesem Zweige zu befassen, der Gemeinde einen nicht unbedeutenden Vortheil.
Erst mit dem Jahre 1822 und spaeter, als die Preise hoch standen, machten dieselben Ankaeufe von ganzen Herden spanischer Schafe, in unseren Kolonien, fuer bedeutende Summen. Dieser Erwerbzweig geht nun zwar dem Anscheine nach seinem Verfalle entgegen, dagegen haben die hoeheren Preise des Getreides in den lezteren Jahren seinen Fall ersezt, und auch der Umstand, dass die Gutsbesizzer angefangen haben jaehrlich ansehnliche Bestellungen an Pfluegen und Wagen bei uns zu machen, auch junge Leute in die Lehre geben, und besonders, dass die Gewohnheit auf deutschen Wagen zu fahren allgemein geworden ist. bringt der Gemeinde einen ansehnlichen Vortheil, und wird ihr denselben auch noch lange sichern.
Gemeindegueter
Se. Excellenz, der selige Herr v. Contenius stiftete aus unsern gemeinschaftlichen Einkuenften, eine besondere Gemeindesumme; er hatte damit eine schnellere und gesicherte Befoerderung von Musteranlagen im Auge, wie Seidenbau, Weinbau, Anpflanzung etc., und obschon er, des bestaendigen Widerstrebens und Missbrauchs halben, damit nicht zum erwuenschten Ziel kam, so hat er doch zu Allem was da ist, den Grund gelegt, und die Gemeindeschaeferei sogar zu einem gewissen Grad der Vollkommenheit gebracht.
Die Kronsueberfahrt von Kitschkas (alte Russen deuten diesen Namen von der engen Einpressung des Dnepr in seine felsigen Ufer oberhalb der Ueberfahrt auf Kazzensprung) bestand schon bei der Ankunft unserer ersten Ansiedler, aber nur in einem sehr unsicheren Zustande. Den gewissen Vortheil von dieser Anstalt erkennend und zugleich auch die eigene Bequemlichkeit bezweckend, erbauten sich unsere Deutschen aus dem Gewinne vom Branntweinverkauf schon in den ersten Jahren ordentliche Faehren, auf denen sich Jedermann gerne uebersetzen liess. Im Jahre 1845 wurde durch Se. Excellenz, den stellvertretenden Hauptfuersorger, Herrn v. Hahn, unserer Gemeinde das Recht der Privat-Ueberfahrt, nach der laut Ukas des dirigierenden Senats, unterm 26. Mai 1823 bestimmten Taxe ausgewirkt, und bereits im Jahre 1847 warf unsere Ueberfahrt eine Pachtsumme von 1235 Rub. B. Ass. ab, wovon die Gemeinde von Einlage den dritten Theil zur Entschaedigung der Viehtrift bekommt.
Die Branntweinbrennerei wurde auf Veranlassung der Ueberschwemmung i. J. 1845 auf eine andere Stelle dauerhafter von gebrannten Ziegeln umgebaut, und bringt an Pacht jaehrlich 628 1/2 Rub. ein. Frueher stand auch die Bierbrauerei unter Pacht, wo sie jaehrlich 770 Rub. abwarf, um aber einen Wetteifer in die Erzeugung von besserer Beschaffenheit dieses Getraenkes zu setzen, hat das Bezirksamt diesen Erwerb den Ansiedlern freigegeben, und zwar mit gutem Erfolge, so dass gegenwaertig vier Bierbrauereien im Gange sind, die fuer ihre Freiheit bis 700 Rub. jaehrlich einzahlen.
Das tiefe Thal neben der Kolonie Rosenthal, worin der sei. Herr v. Contenius, i. J. 1801, die Gemeindepflanzschule anlegen liess, hatte sich schon frueher Fuerst Potemkin zu einem Baumgarten ausersehen, mit meistens nur Kirschbaeumen bepflanzen, einem Graben umziehen und neben dem Garten auf einer sehr hohen Platte, wo man eine malerische Aussicht ueber das Thal Chortiz und den Dnepr hat, das Fundament zu einem Schlosse legen lassen. Herr v. Contenius verschaffte einen Gaertner, liess junge Obstbaeume und Weinreben aus der Krim kommen, verschrieb Saemereien, liess aus den Schulen Obst- und Maulbeerbaeume unentgeltlich an die Ansiedler verteilen, liess es an Belohnungen und Ermahnungen an Ort und Stelle nicht fehlen, aber Erschlaffung und Vorurteile hemmten jahrelang sein Streben, erst im Alter hatte er das Vergnuegen, ein allgemeines regeres Leben erwachen, und ein besseres Gedeihen seiner Werke hervorgehen zu sehen.
Gegenwaertig, wo die Ansiedler schon eigene Schulen von Obst- und Maulbeerbaeumen ziehen, werden in dieser Hauptpflanzung, auf Anordnung der Behoerde, meistens nur Pflanzschulen von Wald- und Maulbeerbaeumen betrieben, und zwar mit dem besten Erfolge.
Die Gemeindeschaeferei nahm 1803 mit 'oben erwaehnten 30 von der Krone geschenkten Stammthieren ihren Anfang. Bei der letzten Landvermessung wurden ihr von dem ueberfluessigen Lande 2943 Dessaetinen zugetheilt und auf demselben ordentliche Stallungen wie auch Wohngebaeude fuer die Schaefer aufgefuehrt. Durch Ankaeufe von Zuchtboecken, und Verkaeufe von brackierten Schafen, ist die Herde zu einem solchen Grade der Ausgeglichenheit gekommen, dass die Wolle immer; noch, auch in den letzten misslichen J Jahren, leicht ihre Kaeufer fand. Ihrej Zahl besteht gegenwaertig aus 5033J Koepfen und die Schaeferei gab im vorigen Jahr einen Ertrag von! 10,704 R. 39 Kop. B. Diese Anlagen haben demnach im verwichen 1847sten Jahre, eine Gesamteinaehme von 18,510 Rub. B. ab werfen; aus der die Gemeind bauten, Gaertner und Arbeiter Schaefer und Aufseher, auch Kanzlei des Bezirksamtes unb halten werden.
Brand- und Waisenamt
Die Unverlezbarkeit dieser 2 Versicherungsanstalten garantiert ganze Bruederschaft, die Statut derselben sind aus Preussen he bracht worden. Jede derselben von zwei AEltesten lebens verwaltet, als eine Gewissenss wenn kein widriger Zufall sehen tritt. Ihre Belohnung i| Befreiung von Reihendiensten und Prozent baar bei Eintragung Kapitalien.
Brandkasse. Ihr Kapital bestteht nicht aus einer Baarschaft, son aus einem Register der Hub Akzien. Eine Hube preussisch i| gleich einem Flaechenmass von i faehr 15 Dessaetinen Landes, sogenannte Brandhube ist 200 R. B. baar. Dem Teilnehmer c Brandgesellschaft wird de sein abgebranntes Haus fuer l Ha mit 200, fuer 2 Hueben mit 400 R. schaedigt u.s.f., jedoch dass Ersatz nur 2/3 des Verlustes trage, und dass der Eigentuemer! einbuesse, darum nimmt das Br amt die Gebaeude vorher in die Ta; damit sie nicht zu hoch in Hubenzahl registriert we Ausserdem wird auch noch das ue brannte Vieh und die Wir geraethe besonders baar ents l Pferd mit 31 1/2 R., l Kuh: R., l Wagen mit 60 R., l Pflugj 35 R. u.s.w., so dass der Ve te sogleich wieder fortarbeiten l wenngleich in geringerm St Landwirt und Kleinhaeusler keinen Unterschied. Die chorer mit den molotschner Menno-machen diese Schadenver-ncherungsgesellschaft aus, mit nem Kapitale von 27,409 Brandhuben im Belaufe von 5,481,800 Rub. B., wenn sich demnach die xe fuer einen Brandschaden auf Rub. belaeuft, so kommt ein Hvident von 3 2/3 Kop. auf die heraus, d.h. jeder Teilnehmer o Gesellschaft zahlt eine Entschaedigung fuer den Verunglueckten von 12/3 Kop. fuer Hube, fuer 2 Hueben fl/3 Kop. u.s.w., was gar nicht edrueckend ist, in derselben Art wird auch das verbrannte Getreide und Futter nach Mass und Gewicht in KNatura entschaedigt.
Waisenkasse. Diese Anstalt vertfuegt gegenwaertig ueber ein Kapital fvon 213,060 R. 50 K. B., welches imeistens unter den Ansiedlern auf | Borg aussteht, und von Jahr zu Jahr pach dem Masse des Zuwachses der s Seelenzahl und des Reichtums, an | der Summe zunimmt. Es hat eine [Quelle in den Versteigerungen der |Nachlassenschaften verstorbener ''Eltern und Anverwandten, welche t unmuendige Erben hinterlassen. Der [Meistbietende muss sogleich l Prozent Schreibgebuehr bezahlen, und i wenn es ihm an Baarschaft mangelt, 12 Buergen ueber richtige Bezahlung seiner Schuld vorstellen, ohne die i ihm das erstandene Gut nicht zugeschrieben wird. Die Schuldner 'omuessen nebst 6 Prozent Zinsen den 10. Teil ihrer Schuld jaehrlich abzahlen, und von dieser Einnahme ; erhalten volljaehrige Erben ihre Kapitale mit Zinsen. Auch bestaetigen die Waisenaeltesten die Vorwuender, mit der Verpflichtung ueber die Erziehung der Unmuendigen und Verpflegung der Witwen, auf Rechnung der Waisensumme, zu wachen.
Schluss
Nach obiger kurzgefasster Beschreibung stellt unsere Gemeinde gegenwaertig das neue Bild eines erwachsenen Mannes dar. Sie hat alle Altersstufen durchlebt, die Kindheit, in der sie sich vom Staate, wie von einer Mutter sorglos ernaehren liess; das Knabenalter, wo sie schon nach Kraeften zu ihrer Erhaltung beitragen musste, und den Juenglings stand, wo sie an die Flicht gegen sich selbst und gegen den Staat gewoehnt wurde. Nun steht sie in voller Kraft da, zu schaffen was vor Gott recht ist, in Erkenntnis der ihr vom Staate verliehenen Gunst, zum oeffentlichen Muster fuer Jedermann und zur Wolfahrt fuer ihre Nachkommenschaft. Aus gaenzlicher Armut ist sie unter dem sichtbaren Beistande Gottes, mit langsamen aber sichern Schritten zum Wohlstande empor gestiegen. Die erlebten Verhaengnisse haben sie erfahren und bewahrt gemacht; aus der jugendlichen Unart, ist sie unter nachsichtiger kirchlicher und gesetzlicher Leitung in den Stand der Sittlichkeit gekommen. Diese gluecklichen Ereignisse sind zusammen eine sichere Gewaehrleistung ihres fernem guten Rufes, in welchem sie unter vaeterlicher Pflege vonseiten der Ortsbehoerde, in Folge der Zeit von Stufe zu Stufe steigen wird. Der Mennonit hat nicht den Charakter der Schnelligkeit, er ist aber berechnend, faehig und ausdauernd, religioes nach den Sitten seiner Vaeter, still, nuechtern und vertraeglich, er nutzt ueberhaupt die Eigenschaft, durch eine sorgfaeltige Leitung seines Vorgesetzten, gluecklich zum Ziele zu kommen. Seine Erwerbsamkeit treibt ihn an, aus Mangel, an hinlaenglichem eigenen Lande, die Steppe der angrenzenden Gutsbesitzer gegen Bezahlung fuer sich anzubauen, weitumher Ankaeufe von Feldfruechten auf Handel zu machen, und auch auswaertige Bestellung an Holz und Schmiedearbeit seinen Gewinn zu suchen, wenn aber einst die Gutsbesitzer ihr Land selbst ganz benutzen werden, dann wird unsere Gemeinde, ihrer starken Vermehrung wegen, in ein bedraengtes Verhaeltnis kommen. Die Kleinhaeusler, die jetzt ausser unserm Gebiete, ringsum ihr Brot bauen, werden dann zu gemeinen Tagloehnern herabsinken, und ganz aus dem Gleichgewicht gegen den Landwirt kommen. In den Jahren 1836-1839 versetzte das Gebietsamt auf Bewilligung der Behoerde 115 junge Familien in 4 Kolonien auf ein wuestes Stueck Kronsland bei Mariupol; diese Ausscheidung ist aber schon wieder aufs Dreifache an der Zahl ersetzt worden, und eine neue Ausscheidung wuerde, wenn auch noch Land da waere, bei den jetzigen hochgestellten Bedingungen, und fern von den Anverwandten, schwer zu bewerkstelligen sein. Doch der Mensch denkt und Gott lenkt; setzen wir uns demnach ueber die unnuetze Sorge fuer unsere Zukunft weg, gehen wir im Vertrauen auf Gott, in Fuerbitte fuer den Thron, in Gehorsam gegen die Obrigkeit, in Liebe gegen den Naechsten, getreu auf dem Pfade unserer Pflicht fort, so wird die Vorsehung auch ferner ueber uns walten und der Segen mit uns sein.
Oberschulz Bartsch
Beisitzer Dyk, Siemens, Heinrich Heese
Kolonie Chortiz, d. 21. Juli 1848.
Bemerkung.
Das chortizzer Bezirksamt hat sich veranlasst gefunden zur Abfassung dieses Aufsatzes, die Faehigkeit eines schon alten, verdienten Mannes, frueheren Gebietsschreibers, Mennonit der Kolonie Einlage, Heinrich Heese, der sich zum besten der Gemeinde schon in seinen jungen Jahren durch Ruecksprache mit den ersten Einwanderern und ihren Deputierten, durch Abschreibung der Notizen der letztern, und eigene Erfahrung waehrend seiner Dienstzeit von der Genauigkeit der Umstaende ueberzeugt hat, in Anspruch zu nehmen, und von ihm die Geschichte der Kolonien des chortitzer Mennonitenbezirks in einer zusammenhaengenden Darstellung anfertigen zu lassen.
Oberschulz Bartsch, Gebietsschreiber Nerau.
No. 1691, d. 21. Juli 1848.
Quelle: Unterhaltungsblatt fuer deutsche Ansiedler im suedlichen Russland. 1851. Nr. 8-10.
Zuletzt geaendert am 19 oktober 2003